Marie-Luise Dött MdB

Hand reicht Geld an andere HandFoto: pixabay.com

Eine Corona-Steuer verspielt viel Vertrauen

24.02.2021

Die Corona-Pandemie kennt Verlierer und Gewinner: Künstler, Gastronomen und Einzelhändler leiden im Lockdown, während der Onlinehandel floriert, Videokonferenzsoftware so gefragt ist wie nie und die Impfstoffhersteller hohe Gewinne erwarten dürfen. Doch wer das zum Anlass nimmt, die Profiteure der Krise mit einer Corona-Steuer zur Kasse zu bitten, gefährdet unser Steuersystem in seinen Grundfesten.

Die Details eines Steuersystems sind nicht für die Ewigkeit in Stein gemeißelt – das gilt für die Steuersätze, aber auch für die Einführung neuer oder die Veränderung existierender Steuern. Und doch ist unser Steuersystem zu Recht stabil, sind Anpassungen wohlüberlegt und vorhersehbar für diejenigen, die die Lasten tragen. Das ist fundamental wichtig – entsteht der Eindruck von Willkür, sinkt die Akzeptanz und damit die Bereitschaft, sich der Besteuerung zu unterwerfen. Betrug und Vermeidungsstrategien sind die Folge, die Finanzierungsgrundlage der Solidargemeinschaft erodiert.

Anpassungen sind notwendig, wenn sich Wirtschaft und Gesellschaft in einer Form verändern, dass existierende Steuern die Leistungsfähigkeit nicht mehr richtig erfassen, bestimmte Wertschöpfungsbereiche nicht erreichen oder durch geschickte Deklarierung von Wertschöpfung die Steuerpflicht in Niedrigsteuerländer verlagern. Darum geht es bei der aktuellen Diskussion jedoch nicht, sondern es wird als ungerecht empfunden, dass einige trotz oder gerade wegen der Pandemie profitieren, während andere arg gebeutelt sind.

Die logische Folge dieses Phänomens in einem funktionierenden Steuersystem: Wer mehr Gewinne macht, zahlt mehr. Wer Leistungsfähigkeit einbüßt, zahlt weniger. Wer bedürftig ist, wird unterstützt.

Doch das reicht den Befürwortern einer Corona-Steuer nicht. Wer von der Krise profitiert, soll zusätzlich zahlen, und zwar nicht durch eine Erhöhung von Steuersätzen, die für alle gleich Leistungsfähigen gleichsam wirken, sondern durch spezifisch auf die Pandemiegewinner zugeschnittene Sonderregelungen.

Das grenzt an Willkür und kostet Vertrauen. Schon die Diskussion darüber untergräbt die Akzeptanz des Steuersystems. So erodiert die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen und der Anreiz, Trends zu erspüren und innovative Ideen dazu zu entwickeln. Denn es sind nicht einfach nur Glückspilze, denen die Pandemie zufällig in die Hände spielt und satte Gewinne verschafft. Oft sind die Corona-Profiteure innovative Unternehmen, die hohe Risiken eingegangen sind, viel in Forschung investiert oder ihre Produktion umgestellt haben. In der Erwartung und Akzeptanz, dass der Erfolgsfall nicht nur Gewinne, sondern auch eine Besteuerung ihrer Gewinne bedeutet. Aber im Vertrauen auf ein vorhersehbares und stabiles System, dass nicht im Erfolgsfall willkürlich über das Ziel hinausschießt.

Eine Corona-Steuer verspielt dieses Vertrauen – bei den jetzt Betroffenen und vielen anderen für künftiges Unternehmertum. Somit bringt sie zwar vielleicht kurzfristig Einnahmen. Langfristig jedoch kostet sie Wohlstand, für alle.

 

Marie-Luise Dött MdB – Berlin und Oberhausen