Sein Name: Immanuel – Gott mit uns

Mit uns ist Gott – עִמָּ֫נוּאֵ֫ל – so die Verheißung des Propheten Jesaja, die sich in der Menschwerdung Jesu Christi erfüllt. Vier Lieder spiegeln in unterschiedlicher Akzentuierung, was dieses Geheimnis uns sagt. Dass Lieder mehr sind als Beiwerk, dass Liedtexte eine Botschaft übermitteln, die prägend und provozierender als manche Predigt sein kann, zeigt anschaulich das Beispiel von „O komm, o komm Emanuel“. Pfarrer Johannes Angert ließ dieses Lied in der Adventszeit des Jahres 1935 an die Tafel der Schillerschule in Darmstadt schreiben. Der fanatische Nazilehrer, der nach ihm den Raum betrat, tobte als er den Tafelanschrieb vorfand und sah in dem Gesangbuchlied eine Provokation des deutschen Volkes. Die Worte „Nach dir sehnt sich dein Israel“ und „in Sünd und Elend weinen wir“ waren für nationalsozialistische Gesinnung eine Zumutung. Pfarrer Angert bekam Schulverbot, ein halbes Jahr später auch alle anderen Geistlichen. Ein Grund mehr, dieses Lied nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und ‚Gott-mit-uns‘ an Weihnachten singend zu preisen.


Gott ist mit uns
– Immanuel

(Psalm 46,8)

Bild: Znamenie – Gottesmutter des Zeichens
Anonyme Kopie der Ikone von Novgorod
Korin Museum in Moskau

zum Bild: Muttergottes vom Zeichen


Alttestamentliche Lesung: Jesaja 7, 1-4. 9-16

In der Zeit, als Ahas, der Sohn Jotams, des Sohnes Usijas, König von Juda war, zogen Rezin, der König von Aram, und Pekach, der Sohn Remaljas, der König von Israel, gegen Jerusalem in den Krieg; aber sie konnten die Stadt nicht einnehmen. Als man dem Haus David meldete: Aram hat sich mit Efraim verbündet!, da zitterte das Herz des Königs und das Herz seines Volkes, wie die Bäume des Waldes im Wind zittern. Der Herr aber sagte zu Jesaja: Geh zur Walkerfeldstraße hinaus, zusammen mit deinem Sohn Schear-Jaschub (Ein Rest kehrt um), an das Ende der Wasserleitung des oberen Teiches, um Ahas zu treffen. Sag zu ihm: Bewahre die Ruhe, fürchte dich nicht! Dein Herz soll nicht verzagen wegen dieser beiden Holzscheite, dieser rauchenden Stummel, wegen des glühenden Zorns Rezins von Aram und des Sohnes Remaljas. Das Haupt von Efraim ist Samaria und das Haupt von Samaria ist der Sohn Remaljas. Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht. Der Herr sprach noch einmal zu Ahas; er sagte:
Erbitte dir vom Herrn, deinem Gott, ein Zeichen, sei es von unten, aus der Unterwelt, oder von oben, aus der Höhe. Ahas antwortete: Ich will um nichts bitten und den Herrn nicht auf die Probe stellen. Da sagte Jesaja: Hört her, ihr vom Haus David! Genügt es euch nicht, Menschen zu belästigen? Müßt ihr auch noch meinen Gott belästigen? Darum wird euch der Herr von sich aus ein Zeichen geben: Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, sie wird einen Sohn gebären und sie wird ihm den Namen Immanuel (Gott mit uns) geben.
Er wird Butter und Honig essen bis zu der Zeit, in der er versteht, das Böse zu verwerfen und das Gute zu wählen. Denn noch bevor das Kind versteht, das Böse zu verwerfen und das Gute zu wählen, wird das Land verödet sein, vor dessen beiden Königen dich das Grauen packt.

Kehrvers:

Gott ist mit uns – Immanuel (Psalm 46,8)

Psalm 46, 2-12

Gott ist uns Zuflucht und Stärke,
ein bewährter Helfer in allen Nöten.
Darum fürchten wir uns nicht, wenn die Erde auch wankt,
wenn Berge stürzen in die Tiefe des Meeres,
wenn seine Wasserwogen tosen und schäumen
und vor seinem Ungestüm die Berge erzittern.
Der Herr der Heerscharen ist mit uns, der Gott Jakobs ist unsre Burg.
Die Wasser eines Stromes erquicken die Gottesstadt,
des Höchsten heilige Wohnung.
Gott ist in ihrer Mitte, darum wird sie niemals wanken;
Gott hilft ihr, wenn der Morgen anbricht.
Völker toben, Reiche wanken,
es dröhnt sein Donner, da zerschmilzt die Erde.
Der Herr der Heerscharen ist mit uns,
der Gott Jakobs ist unsre Burg.
Kommt und schaut die Taten des Herrn,
der Furchtbares vollbringt auf der Erde.
Er setzt den Kriegen ein Ende
bis an die Grenzen der Erde; er zerbricht die Bogen, zerschlägt die Lanzen,
im Feuer verbrennt er die Schilde.
«Lasst ab und erkennt, dass ich Gott bin,
erhaben über die Völker, erhaben auf Erden.»
Der Herr der Heerscharen ist mit uns,
der Gott Jakobs ist unsre Burg.


Neutestamentliche Lesung:

Galaterbrief 4,4-7

Ich will damit sagen: Solange der Erbe unmündig ist, unterscheidet er sich in keiner Hinsicht von einem Sklaven, obwohl er Herr ist über alles; er steht unter Vormundschaft, und sein Erbe wird verwaltet bis zu der Zeit, die sein Vater festgesetzt hat. So waren auch wir, solange wir unmündig waren, Sklaven der Elementarmächte dieser Welt. Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und dem Gesetz unterstellt, damit er die freikaufe, die unter dem Gesetz stehen, und damit wir die Sohnschaft erlangen. Weil ihr aber Söhne seid, sandte Gott den Geist seines Sohnes in unser Herz, den Geist, der ruft: Abba, Vater. Daher bist du nicht mehr Sklave, sondern Sohn; bist du aber Sohn, dann auch Erbe, Erbe durch Gott.

Ruf vor dem Evangelium

(Lit.)

O Immanuel, unser König und Lehrer, Erwartung der Völker und ihr Erlöser: Komm, uns zu erlösen, Herr, unser Gott!

Evangelium: Matthäus 1, 18-25

Mit der Geburt Jesu Christi war es so: Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete – durch das Wirken des Heiligen Geistes. Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen. Während er noch darüber nachdachte, erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen. Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat:
Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen,
einen Sohn wird sie gebären,
und man wird ihm den Namen Immanuel geben,
das heißt übersetzt: Gott ist mit uns.
Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich. Er erkannte sie aber nicht, bis sie ihren Sohn gebar. Und er gab ihm den Namen Jesus.


Lied: Das Thema „Gott mit uns“ im Lied je anders akzentuiert

Menschwerdung

1. O Gott, der mit uns ist,
uns will es anders scheinen:
Wir sind verirrt und meinen,
dass du verloren bist.
Gott bist du, Licht vom Licht,
und schickst uns, dich zu finden
in Stroh und dünnen Windeln –
ein Kind, ein armer Wicht.

2. Warum gabst du die Macht
aus deinen starken Händen
Tod wird dein Leben enden,
dein Tag versinkt in Nacht,
und deine Herrlichkeit
ist Schande nur und Schwäche.
Was zahlst du fremde Zeche,
ziehst auf die Fremdes Leid?

3. Um unser Menschenlos
zu teilen und zu tragen,
die ersten Niederlagen
und noch den letzten Stoß.
Um uns ganz nah zu sein,
viel näher als Gefährten,
die sich im Glück bewährten,
ein Bruder in der Pein.

4. Rühr uns die Augen an.
Lass unser Herz weit werden
für alles, was auf Erden
lebt und nicht leben kann.
Und wo es dunkel ist,
hilf helfend auszuharren,
selig, wenn wir erfahren,
dass du „Gott mit uns“ bist.

(Jürgen Henkys, Stimme, die Stein zerbricht, Strube Verlag, München, S. 15.)

Advent

„O komm, o komm, Emmanuel,
mach frei dein armes Israel.
Komm, Friedenskönig, Schlussstein du,
führ, was getrennt, der Einheit zu!“
„Freu dich, freu dich, o Israel,
bald komm ich, dein Emmanuel.“

(Text 12. Jahrhundert, nach den O-Antiphonen, Gotteslob 768, Str. 7)

Weihnachten

Süßer Immanuel, werd auch in mir nun geboren,
komm doch, mein Heiland, denn ohne dich bin ich verloren!
Wohne in mir, mach mich ganz eines mit dir,
der du mich liebend erkoren.

(Gerhard Tersteegen 1731, Jauchzet ihr Himmel, frohlocket ihr Engel, GL 251,7)

Neues Jahr

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

(Dietrich Bonhoeffer, Gotteslob 430 ,Str. 7)

 


Literaturhinweis: Thomas Wagner: Immanuel. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hrsg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), Stuttgart 2006 ff.
Ludwig Hellriegel (Hrsg.), Widerstehen und Verfolgung, Bd. II.1, Eltville 1990, S. 147f.

Geistlicher Text: Aelred von Rievaulx

Abt Aelred von Rievaulx (1109-66) vom schottischen König David I. gefördert, schlug eine Karriere als Bischof aus und wurde Zisterziensermönch. Als Novizenmeister war er bekannt für seine Geduld, mit der er auch in späteren Jahren Krankheiten ertrug. Neben historischen Werken sind zahlreiche seiner eloquenten Predigten überliefert. Sie trugen ihm die Bezeichnung „St. Bernhard von England“ ein.
‚Und man wird ihm den Namen Emmanuel geben‘, das heißt ‚Gott mit uns‘. Ja, Gott mit uns! Bisher war er ‚Gott über uns‘, ‚Gott uns gegenüber‘, aber heute heißt er ‚Emmanuel‘! ‚-Gott mit uns‘. Heute ist er ‚Gott mit uns‘ in unserer Natur, in unserer Schwachheit, mit uns in seiner Güte, mit uns in unserem Elend, mit uns in seiner Barmherzigkeit. Mit uns in Liebe, mit uns durch das Band der Kindschaft, mit uns in Zärtlichkeit, mit uns im Mit-leiden.
O Emmanuel! O Gott mit uns!
Was machst du nun, Sohn Adams?
Gott mir uns.
Mit uns.
Sohn Adams, du konntest nicht zum Himmel steigen, um mit Gott zu sein.
So steigt Gott vom Himmel herab, um ‚Emmanuel‘, ‚Gott mit uns‘ zu sein.
Wie kann er noch mehr mit uns sein?
Klein wie ich, schwach wie ich, nackt wie ich, arm wie ich.
In allem hat er sich mir gleich gemacht, indem er nahm, was mir ist, und mir gab, was ihm gehört.
Heute ist er herabgestiegen und hat sein Gesicht auf mein Gesicht gelegt, seinen Mund auf meinen Mund, seine Hände auf meine Hände.
Und wurde so Emmanuel, Gott mit uns!

Ex Sermonibus beati Aelredi abbatis, Sermo in Annunt., ed. Talbot, Rom 1952, 91.

http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Aelred_von_Rievaulx


Zusammenstellung: Hansjakob Becker / Anne-Madeleine Plum Dieser Gottesdienst:  4 Adv D in Patmos Vgl. dazu ausführlich: Hansjakob Becker, „Dies große Wort, geschrieben weiß auf schwarz“. Patmos: Begegnungen mit der Bibel im Kontext von Kultur – Liturgie  – Spiritualität, in: Pietas Liturgica 16, Tübingen 2015.

* Texte aus der Heiligen Schrift sind entnommen aus der Einheitsübersetzung © 1980, Katholische Bibelanstalt GmbH.

Liste der Wort-Gottes-Feiern “Patmos”

Informationen zur Gottesdienst-Reihe “Patmos”