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Es gibt Stellen und Erzählungen der Bibel, die wir bestens kennen oder zu kennen meinen und wo sich plötzlich neue Sichtweisen, neue Gedanken, neue Fragen auftun. So erging es mir vor wenigen Tagen in einem gemeindlichen Glaubensgespräch. Thema war die Erzählung über die Verleugnung des Petrus nach Mk 14.
Jesus hatte es ja angekündigt: „Heute, in dieser Nacht, ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen“ (Vers 30). Und so schwört Petrus am Ende vor den Leuten im Vorhof des Hofes des Hohepriesters: „Ich kenne diesen Menschen nicht, von dem ihr redet.“
Diese „Flucht“, dieses Ausweichen von Petrus (und auch der anderen Jünger!) setzt sich fort. Auf dem Kreuzweg ist er nicht zu finden, auch nicht auf Golgotha.
Über die unmittelbare Zeit danach schweigt das Neue Testament.
Dann folgen die Ostererzählungen und die Erscheinungsberichte. Wir finden kein Wort der Anklage oder des Zur-Rede-Stellens von Seiten des auferstandenen Jesus. Und von Petrus hören wir kein Wort der Reue, der Bitte um Vergebung, das Verlangen nach Wiedergutmachung. Es findet zwischen dem Auferstandenen und Petrus keine Aussprache statt – als wäre nichts gewesen! Als hätte der Auferstandene keine qualvolle Hinrichtungsgeschichte hinter sich, „begleitet“ von der „Nicht-Beteiligung“ seiner wichtigsten Gefolgsleute!
Wieso wird dieses Versagen des Petrus (und der anderen Jünger) nicht aufgearbeitet? Dagegen spricht zum einen das gut begründete Bußverständnis der Kirche: ein wirklicher Neuanfang, eine Vergeben von Schuld, ist nur dann möglich, wenn Einsicht, Reue, Bekenntnis der Schuld und der Wille zur Wiedergutmachung gegeben ist. Und auch aus psychotherapeutischer Sicht ist ein Neuanfang ohne „Aufarbeitung“ des Vergangenen nur schwer möglich.
Mit anderen Worten: Nur Tränen?
Wilfried Röhrig 03/2024
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