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Ende gut, alles gut? Eine monatelange Debatte findet in dieser Woche zumindest im Parlament ihr vorläufiges Ende. Der Bundestag entscheidet über das „Gesetz über den Umfang
der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes“, wie es im umständlichen Juristendeutsch heißt. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung, der die Beschneidung aus religiösen Gründen erlaubt, wenn sie nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden, hat – während ich diese Zeilen schreibe – die Mehrheit gefunden.
Die öffentliche Diskussion in Deutschland, die das Urteil des Kölner Gerichtes ausgelöst hat, ist überaus heftig und kontrovers verlaufen. Dass über Religion im öffentlichen Raum debattiert wird, finde ich gut, ja sogar notwendig. Denn Religion ist immer mehr als nur eine reine Privatsache. Religion hat eine gesellschaftsgestaltende und –verändernde Kraft und gehört daher im öffentlichen Raum zur Sprache gebracht – und dies selbstverständlich in einem demokratischen Gemeinwesen auch kontrovers. Was mich allerdings erschreckt hat, war das völlige Unverständnis und die nicht selten spürbare Feindseligkeit gegenüber religiösen Grundlagen und Traditionen, die in mancher Polemik in den letzten Monaten zu hören war. Von jüdischer Seite ist dies auch zu Recht mit Sorge beobachtet worden.
Was mir bei dieser Debatte wieder von neuem deutlich geworden ist: Notwendiger denn je braucht es heute eine „relecture“, ein erschließendes Wiederlesen der tragenden religiösen Grundlagen und Traditionen für „ahnungslose“ Zeitgenossen. Diese Aufgabe – so glaube ich – ist uns allen abgefordert: Juden, Muslimen und Christen. Und vielleicht ist es gerade für uns Christen jetzt ein guter Moment damit anzufangen, wenige Tage vor Weihnachten – nein, nicht dem Fest der Liebe und der Geschenke, sondern dem Geburtstagfest dessen, nach dem wir uns nennen.
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