Johannes der Täufer verweist von sich weg auf den, der nach ihm kommt, der größer ist als er. Als die Jünger des Johannes sich bei ihm beklagen, dass Jesus jenseits des Jordan tauft und viele sich zu ihm wenden, reagiert er nicht erwartungsgemäß. Vielmehr entsagt er bereits in der Antwort jedem Bedürfnis nach eigener Geltung und Größe. Und er tut dies mit Freude: Der Freund des Bräutigams freut sich über die Stimme des Bräutigams. Mit seiner Erkenntnis, wer dieser Jesus ist, beginnt dessen „Wachsen“ und das „Abnehmen“ des Vorläufers.
Im alttestamentlichen Buch Baruch klagt „Jerusalem“ den Nachbarstädten sein Leid, trauert über die verschleppten Söhne und Töchter. Unter dem Namen Baruchs macht der Dichter oder Prophet Mut, dass ihr Schicksal sich wenden wird. Als Johannes im Kerker liegt, lässt er – nach Lukas 7 – seine Jünger fragen: Bist du der, der kommen soll? Und in das Dunkel seiner Gefangenschaft schickt Jesus ihm die tröstende Botschaft, dass Blinde sehen, Lahme gehen und Aussätzige rein werden. Es ist der Trost eines wirklichen Freundes.
(Johannes 3,30)
Bild: Mathis Gothart Nithart, gen. Matthias Grünewald
Johannes der Täufer
Unterlinden Museum, Colmar – Frankreich
zum Bild: Johannes der Täufer
ganzer Altar: Isenheimer Altar
Hab Vertrauen, mein Volk, du trägst den Namen Israel. Ihr wurdet verkauft an die Völker, doch nicht zur Vernichtung. Weil ihr Gott erzürnt habt, wurdet ihr den Feinden preisgegeben. Denn ihr habt euren Schöpfer zum Zorn gereizt, da ihr den Dämonen und nicht Gott Opfer darbrachtet. Euren Ernährer habt ihr vergessen, den ewigen Gott. Ihr habt auch Jerusalem betrübt, die euch aufzog.
Denn sie hat mit angesehen, wie Gottes Zorn über euch hereinbrach; da sprach sie: Hört, ihr Nachbarn Zions! Gott hat großes Leid über mich gebracht.
Da waren wir fröhlich. (Psalm 126,3)
Als der Herr das Los der Gefangenschaft Zions wendete,
da waren wir alle wie Träumende.
Da war unser Mund voll Lachen
und unsere Zunge voll Jubel.
Da sagte man unter den andern Völkern:
«Der Herr hat an ihnen Großes getan.»
Wende doch, Herr, unser Geschick,
wie du versiegte Bäche wieder füllst im Südland.
Die mit Tränen säen,
werden mit Jubel ernten.
Sie gehen hin unter Tränen
und tragen den Samen zur Aussaat.
Sie kommen wieder mit Jubel
und bringen ihre Garben ein.
Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch!
Eure Güte werde allen Menschen bekannt. Der Herr ist nahe. Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott! Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in der Gemeinschaft mit Christus Jesus bewahren.
Er muss wachsen, ich aber muss kleiner werden.
Darauf ging Jesus mit seinen Jüngern nach Judäa. Dort hielt er sich mit ihnen auf und taufte. Aber auch Johannes taufte damals, und zwar in Änon bei Salim, weil dort viel Wasser war; und die Leute kamen und ließen sich taufen. Johannes war nämlich noch nicht ins Gefängnis geworfen worden. Da kam es zwischen den Jüngern des Johannes und einem Juden zum Streit über die Frage der Reinigung.
Sie gingen zu Johannes und sagten zu ihm: Rabbi, der Mann, der auf der anderen Seite des Jordan bei dir war und für den du Zeugnis abgelegt hast, der tauft jetzt, und alle laufen zu ihm. Johannes antwortete: Kein Mensch kann sich etwas nehmen, wenn es ihm nicht vom Himmel gegeben ist. Ihr selbst könnt mir bezeugen, dass ich gesagt habe: Ich bin nicht der Messias, sondern nur ein Gesandter, der ihm vorausgeht. Wer die Braut hat, ist der Bräutigam; der Freund des Bräutigams aber, der dabeisteht und ihn hört, freut sich über die Stimme des Bräutigams. Diese Freude ist nun für mich Wirklichkeit geworden. Er muss wachsen, ich aber muss kleiner werden.
Lied: Jesu, meine Freude – Johann Franck 1653
Von den 110 geistlichen Liedern Johann Francks haben sich mindestens fünf in heutigen Gesangbüchern erhalten. Der aus der Niederlausitz stammende Rechtsanwalt beschäftigte sich schon als Gymnasiast intensiv mit Poesie. Seinen Vater verlor er im Alter von zwei Jahren, ein Jahr nach dem Tod seiner Mutter entstand sein Lied „Jesu meine Freude“, die Umdichtung eines Liebesliedes:
1. Jesu , meine Freude,
meines Herzens Weide,
Jesu, meine Zier;
Ach wie lang, ach lange
ist dem Herzen bange
und verlangt nach dir!
Gottes Lamm, mein Bräutigam,
außer dir soll mir auf Erden
nichts sonst liebers werden.
Der Kirchenmusiker und Landsmann Francks, Johann Crüger, vertonte das Lied und nahm es in sein Gesangbuch auf. Nicht bei allen fand das „moderne“ Lied sofort Anklang. Aber nach und nach wurde es in der Gemeinde immer beliebter. Die letzte Strophe besingt Jesus nicht nur als „Freude“, „Zier“ und „Bräutigam“, sondern als „Freudenmeister“:
6. Weicht, ihr Trauergeister,
denn mein Freudenmeister,
Jesus, tritt herein.
Denen, die Gott lieben,
muss auch ihr Betrüben
lauter Freude sein.
Duld ich schon hier Spott und Hohn,
dennoch bleibst du auch im Leide,
Jesu, meine Freude.
Evangelisches Gesangbuch 396, 1.6
Literaturhinweis:Romano Guardini, Der Herr, Würzburg 1951, S. 19-26: Der Vorläufer.
Bibel heute 169, 1 (2007): Johannes der Täufer.
Max Thurian kam als junger calvinistischer Theologe, bereits zwei Jahre nach der Gründung, zu der von Frère Roger Schutz gegründeten Gemeinschaft von Taizé. Er schreibt über Johannes den Täufer:
„Johannes der Täufer sieht in Christus den Bräutigam, den Herrn und Meister der Kirche, der Braut. Er, Johannes, ist nur der Freund des Bräutigams… So kann sich jeder Christ Freund Christi nennen; damit ist zugleich die Haltung seines geistlichen Lebens bezeichnet. Dieses Leben ist in der Tat keine Sammlung von starren und komplizierten Regeln für Disziplin und Askese; es ist keine strenge Systematik des Gebets und der Meditation. Es ist seinem Wesen nach das Bewußtsein der Freundschaft Christi, der für immer bis ans Ende der Welt in seiner Kirche gegenwärtig ist.“
Thurian, von 1962-1965 protestantischer Beobachter des Vatikanischen Konzils, beeindruckt von der katholischen Erneuerung in Theologie und Liturgie, empfing 1987 in Neapel die Priesterweihe, wurde später Mitglied der Internationalen Theologenkommission. Die Freundschaft mit Christus wird für Thurian konkret in der Verbundenheit im Gebet, die Ursprung erfüllter Freude ist:
„Aus dieser Freundschaft kann eine Regel, eine Askese, eine Systematik entstehen. Aber das erste und Grundlegende ist die Freundschaft, alles übrige ist zweitrangig und folgt aus ihr.
Der Freund Christi steht und hört ihm zu, er freut sich hoch über die Stimme des Bräutigams. Geistliches Leben heißt in erster Linie dieses „Stehen“ vor dem Herrn, heißt vor dem Herrn gegenwärtig sein. So war auch Maria, Marthas Schwester, in der Haltung der Ruhe und des Vertrauens >zu des Herrn Füßen< …
Vor Gott zu stehen, um die Stimme Christi als sein liebster Freund zu hören, ist Ursprung der reinsten Freude: der völlig erfüllten Freude, die über unsre Herzen den Frieden ausbreitet … Sich so an Christus heften in einer tiefen Freundschaft, durch ein Gegenwärtigsein vor Gott und durch das ganz einfache und häufige Gebet, das heißt in Freude und Frieden nach und nach in Christus aufgehen, ihn in seiner Familie im Grund des Herzens leben lassen und selbst mehr und mehr abnehmen, verschwinden, um ihm allein Raum zu geben.“
Zitate aus: Max Thurian, Aktion und Kontemplation, Gütersloh 1966.
Zusammenstellung: Hans-Jakob Becker / Anne-Madeleine Plum Dieser Gottesdienst: 3 Adv D in Patmos Vgl. dazu ausführlich: Hansjakob Becker, „Dies große Wort, geschrieben weiß auf schwarz“. Patmos: Begegnungen mit der Bibel im Kontext von Kultur – Liturgie – Spiritualität, in: Pietas Liturgica 16, Tübingen 2015.
* Texte aus der Heiligen Schrift sind entnommen aus der Einheitsübersetzung © 1980, Katholische Bibelanstalt GmbH.
Liste der Wort-Gottes-Feiern “Patmos”
Informationen zur Gottesdienst-Reihe “Patmos”