Fenster evangelische Kirche Flieden – Foto: privat
„Geschichte, die wir vergessen wollen, wiederholt sich.“
Sonntag, 22. September 2019, ein schöner Spätsommertag: Die evangelische Gemeinde in meinem Wohnort Flieden feiert die Wiedereinweihung ihrer Kirche nach umfangreichen Renovierungsarbeiten. Aus Kassel ist extra der Landesbischof angereist – für seinen letzten Gottesdienst und seine letzte Predigt in diesem Amt. Es ist auch ein besonderes Ereignis: Bei der Kirche handelt es sich um die ehemalige Synagoge des Ortes. So beginnt der Gottesdienst vor dem Eingangstor der Kirche mit einem Schuldbekenntnis im Blick auf den 9. November 1938, dem Tag, an dem in Deutschland die Synagogen brannten.
Bischof Martin Hein erinnert in seiner Predigt an die die Geschichte der Shoah und warnt vor dem Vergessen: „Geschichte, die wir vergessen wollen, wiederholt sich.“ Jüdische Gäste aus den USA sind an diesem Sonntag auch dabei, darunter der Künstler Barney Zeitz, der den aaronitischen Segen aus dem Buch Numeri in sechs farbenfrohen Glasfenstern in der Kirche umgesetzt hat, links in deutscher, rechts in hebräischer Sprache – der Segen aus dem Ersten Testament als verbindendes Band zwischen Juden und Christen.
Donnerstag, 10. Oktober 2019: Am Abend findet ein Friedensgebet in der evangelischen Kirche statt. Der Anschlag von Halle ist einen Tag alt, verübt von einem antisemitisch motivierten Täter. Der Sonntag im September mit seinen Begegnungen, seinen Texten, Liedern und seiner Botschaft wird wieder lebendig. In seiner Ansprache fragt der Pfarrer: „Wäre Halle vier Wochen früher passiert, hätten wir diesen Tag so gefeiert, so feiern können?“
Und er erzählt, dass die amerikanischen Gäste bei Telefonaten im Vorfeld – beunruhigt durch manche Nachrichten aus Deutschland – gefragt haben, ob sie als Juden in diesem Land sicher sind. „Ja, natürlich“, habe er damals geantwortet. Was wäre heute seine Antwort?”
„Geschichte, die wir vergessen wollen, wiederholt sich.“ Der Satz des Landesbischofs geht mir nicht aus dem Kopf. Besonders nicht nach dem Terror von Halle. Genau darum geht es jetzt: Dass wir als Christinnen und Christen entschieden und öffentlich gegen das Vergessen, gegen das Verharmlosen und Leugnen der Naziverbrechen, gegen den Antisemitismus in unserem Land Position beziehen und Widerstand leisten!.
Num 6,24 Der HERR segne dich und behüte dich.
25 Der HERR lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig.
26 Der HERR wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Frieden.
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