Ministerpräsidentin a. D. Christine Lieberknecht

zwei Hände halten die Erdkugel schützendFoto: pixabay.com

Auftrag für jeden

11.09.2019

Erinnern Sie sich noch an die apokalyptischen Ansagen zum Milleniumswechsel auf das neue Jahrtausend vor 20 Jahren? Durch mögliche Computerversagen ausgelöste Ängste vor Börsencrash, Weltwirtschaftskrise, Verkehrschaos, Flugzeugabstürzen und Kernschmelzen beherrschten Alltagsgespräche und mediale Debatten gleichermaßen. Das Kürzel „Y2K-Bug“ (Year2Kilo für das „Jahr 2000“) war in aller Munde.

Gemessen an den dramatischen Prophezeiungen verlief damals der Start ins neue Jahrtausend ziemlich problemlos. Fundamentale, von vielen nie für möglich gehaltene Erschütterungen gesellschaftlicher und persönlicher Gewissheiten der westlichen Welt folgten allerdings in den ersten beiden Dekaden des beginnenden 21. Jahrhunderts auf dem Fuße. Daten haben sich in unser Gedächtnis fest eingebrannt, so der 11. September 2001 mit der Zerstörung der Twin Towers des World Trade Center in New York, die gerade heute wieder brandaktuellen und hochgefährlichen Eskalationen zwischen USA und Iran, die die Staaten weltweit in höchste Alarmbereitschaft versetzen; dann der 15. September 2008, an dem mit der Pleite der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers und der Vernichtung von rund 690 Milliarden (!) US-Dollar die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise begann; oder der 11. März 2011 mit dem Reaktorunfall in  Fukushima.

Zudem werden seit spätestens den 2010er Jahren die Menschen in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft durch weltweite Flüchtlingsströme, den Klimawandel mit all seinen Folgen und die Dauerpräsenz digitaler Kommunikation in Echtzeit rund um den Globus permanent in Atem gehalten. Unwiderruflich haben uns die Signaturen von Globalisierung, digitalem Zeitalter und offener Gesellschaft des 21. Jahrhunderts auch in Deutschland und Europa erreicht.

Wenn die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und des Europäischen Parlaments jetzt für das Jahr 2020 ihre Arbeit wieder aufnehmen, dann liegen vor ihnen nicht weniger als Jahrhundertaufgaben, zu deren Lösung sie nach bestem Wissen und Gewissen beizutragen gefordert sind. Dies nach den Regeln demokratischer Gesellschaften zu tun, mag manch einem als mühsam erscheinen. Es ist aber noch immer die beste und nachhaltigste Form gesellschaftlichen und politischen Handelns.

Denn die Größe der anstehenden Herausforderungen verträgt weder Zuschauer noch notorische Besserwisserei. Vielmehr ist das Wort des Propheten Jeremia „Suchet der Stadt Bestes“ (Jer. 29,7) Auftrag für jeden von uns, seinen ganz im Großen wie im Kleinen zu leisten.

 

 

Christine Lieberknecht
Ministerpräsidentin des Freistaates Thüringen a. D.