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Ein 12 Monate alte Junge schaut Kasperle-Theater: Zwei Puppen machen ein Ballspiel. Es geht hin und her, bis die eine Puppe den Ball schnappt und mit ihm wegläuft. Anschließend bekommt das Kleinkind Gelegenheit, die Spielfiguren kennen zu lernen. Neben jeder Puppe liegt ein kleines Geschenk. Das Kind darf sich eines aussuchen und behalten. Der kleine Bub nimmt der unartigen Puppe das Geschenk weg. Damit nicht genug, beugt sich der Kleine nach vorn und gibt der bösen Puppi, die mit dem Ball abgehauen war, einen Klaps auf den Hinterkopf.
Das Empfinden für das, was gerecht ist und was nicht, ist uns in die Wiege gelegt. Nach dem US-amerikanischen Psychologen Paul Bloom kommen Babys mit einem „Sinn für Moral“ auf die Welt. Forscher gehen davon aus, dass es im menschlichen Gehirn spezifische „Moral-Module“ gibt. Diese fest verdrahteten Nervennetzwerke treiben uns an an, auf Ungerechtigkeit mit Empörung zu reagieren. Umgekehrt gilt: Gerechtigkeit macht Kinder froh – und Erwachsene ebenso.
Das Streben nach sozialer Gerechtigkeit in der Gesellschaft ist so alt wie die Demokratie. Für Aristoteles ist Gerechtigkeit eine soziale Charakterstärke, weil sie vor allem den Mitbürger im Blick hat. Gerechtigkeit ist für den Philosophen die Mutter aller Tugenden, „weil sie die Mitte schafft. Die Ungerechtigkeit dagegen schafft Extreme.“ (Nikomachische Ethik, 113b 32). Viele erleben derzeit in der Gesellschaft Ungerechtigkeit und begehren dagegen auf. Die deutschen Parteien greifen deshalb das Thema soziale Gerechtigkeit verstärkt auf. Jüngst kritisierte Martin Schulz die „Agenda 2010“, die Kanzler Schröder vor mehr als 10 Jahren auf den Weg brachte. Als Beispiel führte der SPD-Kanzlerkandidat einen 50-jährigen Mann an, der Angst um seine Arbeit hat. Wenn der seinen Job verliere, bekäme er 15 Monate Arbeitslosengeld, danach ginge es es direkt ans Eingemachte, das sei nicht okay.
Mit Recht gibt es in breiten Kreisen der Bevölkerung eine Empörung darüber, dass eine Führungskraft in der Wirtschaft das Zigfache dessen an Gehalt bekommen, was ein durchschnittlicher Ansgestellter des gleichen Unternehmens erhält. Der frühere VW-Boss Martin Winterkorn beispielsweise verdiente an einem Tag (!) so viel, wie ein anderer im ganzen Jahr.
Wie Gerechigkeit erreicht werden kann, ist schwer zu beantworten, das Gegenteil ist leichter herzustellen. Die Erfahrung zeigt jedoch: der Mensch muss lernen, mit Ungerechtigkeiten im Großen und im Kleinen umzugehen. So lange es Menschen gibt, wird es Konflikte geben. Es wird aber auch immer die eingefleischte Sehnsucht geben, soziale Gerechtigkeit schon in diesem Leben zu erkämpfen. Christen sollten dazu beitragen, ein Stück Himmel schon auf die Erde zu holen. In einem Brief des Apostels Petrus heißt es: „Wir erwarten, seiner Verheißung gemäß, einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen die Gerechtigkeit wohnt.“ (2 Petr 3, 13)
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