Foto: Westfälische Rundschau, Titelseite 06.11.2013
„Linkspartei: St. Martin abschaffen“, so die Schlagzeile in der heutigen Ausgabe der Westfälischen Rundschau. „Das Sankt- Martins-Fest in Kindergärten soll abgeschafft werden, damit muslimischen Kindern nicht länger christliche Traditionen aufgedrängt werden, fordert Rüdiger Sagel, Vorsitzender der Linken in NRW. Er schlägt ein „Sonne-Mond-und Sterne- Fest“ vor, ohne Heiligen.“ Soweit das Zitat. Im ausführlichen Artikel gibt Sagel zu Protokoll, dass er an der Botschaft des Heiligen Martin, der den Mantel mit seinem Bettler geteilt hat, nichts auszusetzen habe, allerdings sei Martin „ein katholischer Heiliger mit militärischem Hintergrund“. Da die Linke für eine strikte Trennung von Staat und Kirche plädiere, habe ein konfessionelles Fest nichts in staatlichen KiTas verloren. Muslimische Kinder, so Sagel weiter, könnten sich „durch die Martinsfeier diskriminiert fühlen.“
Mein erster Gedanke beim Lesen des Artikels: „Veni creator spiritus!“
Mein zweiter Gedanke: Was kann man dem entgegensetzen? Vielleicht einfach Informationen über das Leben und Wirken des Heiligen Martin. Seine Lebensgeschichte lebendig halten, den Laternenträgern in den bunten Zügen die Geschichte erzählen, warum sie unterwegs sind.
Deshalb an dieser Stelle ein kleiner Ausflug ins 4. Jhd: Martin von Tours wird im Jahr 316 als Sohn eines römischen Offiziers in Ungarn geboren. Er wächst in der italienischen Stadt Pavia auf und lernt dort Christen kennen. Das missfällt seinem Vater, der durchsetzt, dass sein Sohn Soldat wird. Martin beugt sich seinem Vater und Reiter in der Garde des römischen Kaisers. Schon aus dieser Zeit ist bekannt, dass Martin seinen Kameraden und auch seinen Dienern sehr freundlich begegnete. Im Alter von etwa 18 Jahren wird Martin nach Frankreich in die Stadt Amiens geschickt. In diesem bitterkalten Winter soll Martin am Stadttor von Amiens dem Bettler begegnet sein, mit dem er, der Legende nach, den Mantel geteilt hat. Dafür musste er viel Hohn und Spott von den anderen Soldaten einstecken. Zwei Jahre später verließ Martin die Armee, ließ sich taufen und lebte mit Freunden in einem Kloster mitten in Frankreich. Sein Leben war geprägt von Liebe und Barmherzigkeit gegenüber den Menschen. Als der Bischof von Tours verstarb, wurde Martin zum Bischof von Tours gewählt. Auch dazu gibt es wieder eine Legende: Martin soll sich im Gänsestall versteckt haben, aber das Federvieh hat ihn mit seinem Geschnatter verraten. Martin blieb auch als Bischof so bescheiden und um die ihm anvertrauten Menschen besorgt, wie in seiner Mönchszeit. Die Menschen seiner Zeit liebten ihn und verehrten ihn schon zu Lebzeiten. Die Laternenzüge symbolisieren das Licht, das Martin mit seinem Leben und Wirken in der Nachfolge Christi in die Welt gebracht hat. Die Martinsgans geht auf die Legende um das Versteck im Gänsestall zurück und die Martinsbrezel, die geteilt werden, erinnern an den geteilten Mantel.
Wenn wir es den Kindern erzählen, verstehen sie, warum sie mit den Laternen durch die Straßen ziehen. Und da ist es auch ziemlich egal, ob es ein katholisches, evangelisches, muslimisches, buddhistisches, jüdisches oder ein konfessionsloses Kind ist. Beruhigend finde ich persönlich, dass viele KiTas und Kindergärten schon viel weiter sind, als Herr Sagel: Sie feiern und erklären die Feste aller Religionen! Statt einem Gefühl von Diskriminierung entsteht viel eher gegenseitiges Verständnis und ein Kennenlernen der anderen Kulturen.
Und ich werde am Sonntag mitgehen, zum Martinsspiel und mit dem Martinszug – zur Ehre des heiligen Martin und als Zeichen FÜR den Erhalt unserer christlichen Feste!