Bild: Anne-Madeleine Plum
Familiengeschichte und Familiengeschichten finde ich immer interessant. Wenn ich heute an meine Großmutter Anna denke, fällt mir ein, wie sie am 19. März, am Tag des heiligen Josef, mit Zwiebelschalen gefärbte Eier auf den Küchentisch stellte. Damit sie auch schön glänzten, rieb sie die Eier nach dem Färben mit einem Stückchen Speck ein. Sie gab dazu keine großen Erklärungen ab, weder warum sie das tat, noch was es mit dem hl. Josef auf sich hatte. Sie war lange nicht so „streng katholisch“ wie ihre Schwester oder fand einfach, dass das Tellerchen mit den Eiern mitten in der Fastenzeit für sich selbst sprach.
Sie war eine tapfere Frau und hat in ihrem Leben sicher genug gefastet und verzichtet. Zwei Weltkriege erlebt, entbehrungsreiche Zeiten im Elternhaus und in der eigenen Familie. Und schließlich zwei ihrer vier KInder an der Ostfront verloren. Über manche Traditionen hat sie sich geärgert – etwa über die Erbsen in den Schuhen der Wallfahrer zur Pestkapelle – und sich hinweggesetzt. Aber in ihrem Zimmer hing ein Bildchen mit Schutzengeln – das fand ich als Kind wunderschön. Und ich denke, dass ich das Gebet von den Schutzengeln durch sie heute noch auswendig kann. Abends, wenn ich schlafen geh, vierzehn Englein um mich steh‘n… Sie mochte Gedichte und überlieferte Lebensweisheiten und hat sie sich aus alten Kalenderblättern ausgeschnitten und in ihrer Wohnküche griffbereit aufgehoben. Sie konnte also unterscheiden, zwischen sinnlosen Traditionen und schöner Überlieferung.
Woran werden sich unsere Kinder und Enkel einmal erinnern, wenn wir nicht mehr sind? Daran, dass es vor Ostern verkaufsoffene Sonntage gab? Und daran, dass an Ostern überall Osterhasen in den Läden stehen – neuerdings sogar giftgrüne? Noch liegt es an uns, welche Traditionen und Rituale wir beibehalten oder einfach vorleben. Und dazu brauchen wir nicht unbedingt eine lange Erklärung abzugeben.
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