Markus Hauck, Würzburg

alter Mann mit vielen FragezeichenFoto: pixabay.com

Suizid als gewöhnliche Option am Lebensende?

Die Beihilfe zum Suizid muss neu geregelt werden, hat das Verfassungsgericht entschieden. Jetzt gilt es, christliche Positionen in den Meinungsprozess einzubringen, damit am Ende nicht ein Dammbruch entsteht, der nach und nach aus dem höchstrichterlich attestierten Recht auf Selbsttötung einen moralischen Druck macht. Alte und Schwerkranke könnten sich dazu gedrängt fühlen, ihr Leiden zu verkürzen beziehungsweise verkürzen zu lassen, um die Mitmenschen weniger damit zu belasten, emotional wie vor allem finanziell.

„Nicht die Hilfestellung zum Suizid, sondern die Unterstützung bei der Entwicklung von Lebensperspektiven ist dringend geboten”, betont die katholische Deutsche Bischofskonferenz in einer Stellungnahme. Deswegen fordern die Bischöfe mehr Suizidprävention sowie den Ausbau der Angebote im Bereich von Palliativmedizin und Hospizen. Ganz ähnlich ist die Position der Evangelischen Kirche in Deutschland. Sie betont, dass die Selbsttötung nicht als gewöhnliche Option am Ende des Lebens angesehen werden dürfe, wenngleich sie betont, Menschen dürften in Situationen, „in denen sie nach sorgfältiger Überlegung für sich keinen anderen Ausweg als die Selbsttötung sehen, nicht allein gelassen werden”.

2015 wurde vom Deutschen Bundestag die organisierte Unterstützung beim Suizid verboten. Diese Regelung hat das Bundesverfassungsgericht jüngst wieder einkassiert. Die Begründung: Das gesetzliche Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung verletze das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Damit geht die Debatte über Verbot oder Beschränkung von Vereinen in eine neue Runde, die Menschen beim Suizid unterstützen.

Vor fünf Jahren herrschte unter den Bundestagsabgeordneten große Einigkeit darüber, dass Organisationen abzulehnen sind, die für ihre Hilfe bei der Selbsttötung zum Teil viel Geld beanspruchen. Es geht hierbei ausdrücklich nicht darum, dass ein Medikament verabreicht wird. Diese „Tötung auf Verlangen“ war schon damals verboten. Es geht bei der Beihilfe zum Suizid um das Überlassen eines Mittels. Im Gesetz von 2015 wurde diese untersagt, sofern sie organisiert und wiederholt, also „geschäftsmäßig“ geleistet wurde.

Über Parteigrenzen hinweg machten sich Politiker im Vorfeld damals für verschiedene Ideen stark. Weitaus liberaler als der schließlich nach einem halben Jahr der Diskussion mehrheitlich angenommene Gesetzesvorschlag war zum Beispiel die Idee, nur alle auf Gewinn abzielenden Formen von Beihilfe zum Suizid zu untersagen. Keine Mehrheit fand auch der gemeinsame Vorschlag des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach und des damals bereits krebskranken evangelischen Theologen Peter Hintze von der CDU, die für die Legalisierung eines ärztlich begleiteten Suizids waren.

Lauterbach will nun einen erneuten Anlauf wagen. Die Vereine möchte er weiterhin verboten wissen, wirbt stattdessen für eine durch Ärzte begleiteten Suizid. Es gebe eine steigende Bereitschaft, das am Lebensende nicht vermeidbare Leid in die Hände der Betroffenen selbst zu geben und dabei Hilfe von Ärzten nicht zu verwehren, erklärt Lauterbach. Ob das mit dem ärztlichen Eid, zum Wohl des Patienten zu handeln vereinbar ist, steht ohnehin auf einem anderen Blatt.

Für eine deutlich strengere Regelung als im von den Verfassungsrichtern kassierten Gesetz machen sich aktuell nur Handelnde jenseits des Politikbetriebs stark. So hat die Deutsche Stiftung Patientenschutz, vor fünf Jahren ein Befürworter der damaligen gesetzlichen Regelung, sich neu positioniert. Kommerzielle Hilfe beim Suizid will sie verboten sehen. Außerdem fordert sie, dass ein nicht gewinnorientierter Helfer Sterbewillige vorher aufklärt.

In etwa einem Jahr muss der Bundestag eine neue Gesetzesregelung vorlegen. Soll der Suizid nicht zu einer gängigen Option werden, liegt es an uns Christen, die Bedeutung und den Wert menschlichen Lebens entschieden und glaubhaft zu kommunizieren, aber auch ganz praktisch Nähe, Mitgefühl und Beistand für Alte und Kranke Menschen zu zeigen.

 

Markus Hauck
Leiter der Pressestelle des Bistums Würzburg

Kommentar aus: basis-online.net