Date:24. Aug 2003

Kühlung

Gebet

 

Bei glühender Hitze
entdeckte ich in einem Tierpark
eine Wasserschildkröte.
Locker-leicht schwamm sie,
ohne sich zu bewegen,
an der Wasseroberfläche.
Blubbernd stiegen ab und zu Luftblasen
vor ihrem Maul in die Höhe.

“So schön möchte ich es auch haben!”
Ein Satz, der mir manchmal
von den Lippen kommt, 
wenn ich solche Bilder des Wohlbefindens
vor mir sehe.
Wellness, “abhängen”, sich gut gehen lassen.
Alle Viere von sich strecken.
Gemütlich an der Oberfläche dahintreiben.
Mit einen Panzer alles weghalten,
was mir zu nahe auf den Leib rücken will.
Abkühlen 
in der Hitze des Tages.

Gott der Ruhe,
den Tiere hast du Instinkte geschenkt, 
die sie steuern,
wenn sie aufhören müssen
herum zu schaffen,
wenn sie Ruhe brauchen.

Ich arbeite mich manchmal
in einen Teufelskreis
der Betriebsamkeit hinein.
Zuerst bemerke ich gar nicht,
wie ich unter Volldampf stehe
und mich verausgabe.
Und dann geht mir die Luft aus.

Schenke mir ab und zu einen Panzer,
an dem alle Ansprüche an mich abprallen.
Schenke mir ab und zu das Wasser,
auf dem ich alle Viere von mir strecken kann,
und dabei spüre,
wie mir neue Kraft zuwächst.
Schenke mir ab und zu die Freiheit,
aus der atemlose Hetze heraus zu treten
und in Geruhsamkeit 
Luftblasen abzulassen.
Kühle meinen Leib und meine Seele, 
damit ich so zufrieden
mit dir und der Welt 
und mit mir selbst,
ja selbstvergessen
mich am Leben freuen kann.

HB