Date:11. Nov 2007

Kinder mit Papierlaternen

Meditation

Kerze

 

Sie haben Lichter, welche leise leben
im Inneren des verhüllenden Papiers.
Ihr Gang ist wie ein feierliches Schweben,
sie sehn das Haus nicht, nicht den Baum daneben,
sie sehn das Licht nur, und das Licht ist ihrs.

So ziehen sie straßauf, straßab und tragen
den Schein durchs Dorf und durch den Abendwind
und lächeln, wenn sie einen Bogen schlagen,
und singen dann und wissen nicht zu sagen,
warum sie singen und so glücklich sind.

Nun schweben sie hinüber in die Heide.
Ein Mond, ein dunkelroter, geht voran,
dann kommen zwei ganz kleine, golden beide,
dann glimmt es bunt wie zaubrisches Geschmeide
und dann hellblau und wieder golden dann.

Und über ihnen steht in der geringen
und grauen Dämmerung der große Bär.
Sie gehen am Armenhaus vorbei und schlingen
sich sacht zurück und gehn und gehn und singen
und möchten, daß es nie zu Ende wär.
 

Manfred Hausmann (1898 –1986)

Quelle:
Eschbacher Textkarten-Kalender 2007 „Die schönste Zeit ist heut“, 46. Woche
Manfred Hausmann, Jahre des Lebens, Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn 1974