Direktor Michael Maas, Freiburg

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Trockenheit

Es ist zu trocken in Deutschland. Nachdem es schon im vergangenen Jahr zu wenig geregnet hat, hat es auch in diesem Sommer verbreitet zu wenig Niederschlag gegeben. Besonders hart hat es dabei den Norden und den Osten getroffen, aber richtig sorgenfrei darf sich dabei niemand fühlen (siehe „Dürremonitor“).

Warum das von Bedeutung ist, lässt sich langsam immer mehr beobachten. Wer aufmerksam durch unsere Wälder geht, wird feststellen, dass es immer mehr vertrocknete Bäume gibt. Das ist nicht nur wenig schön anzuschauen; diese Bäume stellen zudem eine Gefahr da, weil sich in ihnen allerlei Ungeziefer einnistet, die dann auch den gesunden Bäumen Schaden zufügen. Auch auf den Grundwasserspiegel und damit die Wasserversorgung in Deutschland wird der ausbleibende Regen drastische Auswirkungen haben.

Die momentane Situation ist jedenfalls mehr als nur eine bedauerliche Randerscheinung. Sollte sich die Tendenz der trockenen Sommer fortsetzen, wird sich die Landschaft und das Leben in unserem Land deutlich verändern. Die anhaltende Trockenheit ist demnach weit mehr als eine Nachricht aus dem Wetterbericht.

Im Glauben deute ich das auf zwei Weisen. Zum einen: Wir reden umgangssprachlich davon, dass wir „schönes“ Wetter haben, wenn die Sonne scheint. Und das stimmt ja auch, weil wir dann all die Unternehmungen durchführen können, die uns gefallen. In der Tat etwas Schönes. Wenn es aber nur „schön“ ist, dann wächst nichts.

Das gilt nicht nur für die Natur. Das gilt auch für mein Leben. Da habe ich es auch gerne, wenn die angenehmen, frohen – umgangssprachlich „sonnigen“ – Stunden überwiegen. Gewachsen bin ich aber gerade dann, wenn es von außen nicht gut ausgesehen hat, wenn in meinem Leben dunkle Wolken aufgezogen sind und ich Leid zu tragen hatte. Deshalb brauchen wir uns nach Leid nicht eigens zu sehnen, und wir können auch nicht anderen erklären, dass sie ihr Leid eben tragen müssten, um zu wachsen. Zumindest für die eigene Betrachtung können wir aber durchaus feststellen, dass das Schwere (wenn es nicht ausschließlich vorkommt) helfen kann, daran zu wachsen.

Und ein zweites: Wir nehmen so vieles selbstverständlich. Von der Natur und ihrer Vielfalt angefangen bis hin zum Arbeitsplatz, zu Freundschaften, zur Familie, auch unseren Glauben. All das gehört beinahe wie von selbst zu unserem Leben dazu. Und doch ist das alles nicht von alleine da. So wie das Wachsen des Waldes den regelmäßigen Regen (und auch den Sonnenschein) als Pflege braucht, so benötigen wir auch in den alltäglichen Dingen unseres Lebens eine Pflege all dessen, was uns etwas bedeutet, damit sie uns nicht unter der Hand abhanden kommen. Und hier endet die Analogie zum Regen in der Natur: Denn ob ich mich um die Pflege all der Dinge mühe, die mir wichtig sind, das liegt an mir.

Jenseits von Regen und Sonnenschein wünsche ich uns allen mit einem Spruch von Karl Valentin eine gesegnete Sommer- und Urlaubszeit: „Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.“

Direktor Michael Maas
Leiter des Zentrums für Berufungspastoral, Freiburg

siehe Veröffentlichung: basis-online.net