Teresa von Avila, Alba – Foto: Marie-Luise Langwald
Demut und Dienen verbindet heute mancher mit bewusster Manipulation zur Unterdrückung, insbesondere von Frauen in der Kirche. Wie anders man beides verstehen kann, zeigt uns die spanische Mystik in ihrer wichtigsten Vertreterin, der hl. Teresa von Avila (1515-1582). Lebensklug, tatkräftig und ausgesprochen selbstbewusst, erklärt sie ihren Schwestern im ersten von ihr gegründeten Karmel in Avila den Unterschied zwischen wahrer und falscher Demut:
Merkt euch, Töchter, was ich euch dazu sagen will. Es mag ja manchmal tatsächlich Demut und Tugendhaftigkeit sein, sich für so schlecht zu halten. In der Regel aber ist das eine ganz gefährliche Versuchung. Weil ich sie an mir selbst erfahren habe und sie lange durchleiden musste, kenne ich sie gut. Die wahre Demut, so ausgeprägt sie auch entwickelt sein mag, beunruhigt, verwirrt und verängstigt die Seele nicht, im Gegenteil, sie bringt ihr Frieden, innerliche Freude und Gelöstheit. Selbst wenn einer beim Anblick seiner ganzen Schlechtigkeit deutlich erkennt, dass er die Hölle verdient, selbst wenn er todtraurig wird und meint, alle müssten ihn doch zu Recht verabscheuen, ja selbst wenn er fast nicht mehr um Erbarmen zu bitten wagt, ist doch dieser Schmerz – wenn es sich um echte Demut handelt – mit einer solchen innerlichen Freude verbunden, dass man ihn nicht mehr missen möchte. Dieser Schmerz beunruhigt und bedrängt die Seele nicht, er macht sie vielmehr weit und befähigt sie, Gott noch mehr zu dienen.
Ohne Demut und Bereitschaft zum Dienst kann man nicht wirklich dem nachfolgen, der Demut und Dienen gelehrt und gelebt hat. In der Debatte um kirchliche Ämter und Strukturen würde ich mir mehr Wertschätzung dieser beiden zentralen Haltungen wünschen. Ganz im Sinn Teresas – selbstbewusst. Aber nicht begierig nach Macht oder ängstlich an Macht festhaltend.
Auszug aus:
Teresa von Avila, Die Botschaft vom Gebet, Leipzig 1988, 144f. Die lebendige Übersetzung von Reinhard Körner OCD lässt Teresas Worte höchst gegenwärtig erklingen.
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