Date:18. Jun 2006

Das Pünktlein

Zeichen der Zeit

Darstellung der Eucharistie

 

Ein jüdischer Rabbi begann zu reden: „Wenn einer Führer wird, müssen alle nötigen Dinge da sein: ein Lehrhaus und Zimmer und Tische und Stühle, und einer wird Verwalter, und einer wird Diener und so fort… Und dann kommt der böse Widersacher und reißt das innerste Pünktlein heraus, aber alles andere bleibt wie zuvor, und das Rad dreht sich weiter, nur das innerste Pünktlein fehlt.“ Der Rabbi hob die Stimme: „Aber Gott helfe uns: man darf’s nicht geschehen lassen.“
 

Faszinierend für mich diese Geschichte: alles dreht sich im gewohnten Rhythmus weiter und niemand merkt, dass das „innerste Pünktlein“ fehlt!
Ein Bild für unsere Kirche? Ein Bild für so viele Aktivitäten in unseren Gemeinden und Verbänden, wo alles Mögliche getan und angeboten wird, aber das „innerste Pünktlein“ mehr und mehr in Vergessenheit gerät?
Und schließlich die herausfordernde Frage, weil sie an mich geht: Ist diese Geschichte vielleicht ein Gleichnis meiner eigenen Gottesbeziehung: die Mitte, das „innerste Pünktlein“ fehlt?
In einem kostbaren, goldenen Gefäß haben an vielen Orten katholische Christinnen und Christen die heilige Eucharistie durch die Straßen getragen. Die Mitte der Monstranz, das kleine unscheinbare Brot ist die Mitte, ist das „innerste Pünktlein“ unseres Glaubens, unserer Kirche. Ist es (schon) verloren gegangen?

Christian Rauch