Date:18. Jun 2006

Testament

Meditation

 

Wenn ich heute mein Testament machen müsste,
dann ich würde ich fragen: Wen will ich bedenken?
Wer ist es wert, etwas von mir zu bekommen?
Und dann würden mir die einfallen, die mir in ihrem Leben etwas geschenkt haben.
Vielleicht auch Menschen, in deren Schuld ich stehe,
bei denen ich mich bedanken muss.
Do ut des – wie du mir, so ich dir.

Wie gut, dass Einer ein anderes,
ein Neues Testament gemacht hat.
Er hat darin an die gedacht, die nichts vorzuweisen haben!
Gerade denen schenkt er das Wertvollste, was er hat: sich selbst!
Jesus sagt:   

„Das ist mein Leib, hingegeben für euch alle!
Das ist mein Blut, vergossen für die Sünder!“

Jesu Testament ist so entschieden wie sein Leben:
er stellt sich ganz in den Dienst an Gott und den Menschen – auch noch im Tod.
Er setzt sich vollständig ein, damit Gott und Mensch zueinander finden.
Jesu Testament gilt gerade den Sündern, die vor Gott (und den Menschen) nichts Gutes vorzuweisen haben.

Brot und Wein – in diesen einfachen Zeichen drückt Jesus sein Testament aus:

„Ich war wie Brot und Wein und habe mich verzehren lassen
von euch – und ich werde mich verzehren lassen.
Wenn ihr Brot und Wein im Gedenken an mich teilt, dann bin ich in diesen schlichten Zeichen mit meinem Leben, meiner Person da!“

Wer an Fronleichnam hinter der Monstranz läuft,
setzt ein Zeichen.
Er begibt sich auf den Weg der Nachfolge.
Er sagt: Jesu Weg der bedingungslosen Liebe soll auch mein eigener sein!
Ich will den Weg nachgehen, den Jesus uns vorangegangen ist,
den Weg, Brot zu sein für die Welt.

Deshalb führt uns Fronleichnam direkt zu den Menschen, die heute darauf warten, dass sie einer bedingungslos liebt:
vielleicht das oft gehänselte behinderte Kind – der einsame alte Nachbar – die überlastete allein erziehende Mutter – die Witwe, die mit dem Tod ihres Mannes nicht fertig wird – vielleicht …

In Brot und Wein macht Jesus uns sein Testament – ob wir es vollstrecken?

Markus Lerchl