Bischof Dr. Michael Gerber, Fulda

Viele Menschen bei einem VortragFoto: Pixabay.com

Entscheidungen treffen

Entscheidungen treffen – das fordert uns im Kleinen wie im Großen, im Privaten wie in der Öffentlichkeit. Entscheidungen haben Folgen – oft in dramatischer, unkalkulierbarer Weise. Wir erleben das in Afghanistan, aber auch bei den Folgen des Klimawandels. Unsere Entscheidungen im Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl oder beim Synodalen Weg sind wichtig für die Zukunft von Gesellschaft und Kirche. Fliehkräfte und Polarisierungen sind unübersehbar. Auch vor diesem Hintergrund ist das Dokument „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“ eine wichtige Orientierung. Gestern, am 7. September, wurde es veröffentlicht.

Wesentliche aktuelle Herausforderungen werden darin ungeschönt benannt. Dazu gehört der sexuelle und geistliche Missbrauch, die hier nicht nur als Tat Einzelner qualifiziert werden. Vielmehr wird auf systemische Ursachen hingewiesen, wenn dazu aufgerufen wird, sich „der Last einer Kultur bewusst zu werden, die vom Klerikalismus gekennzeichnet ist und welche sie aus ihrer Geschichte geerbt hat“ (Nr. 6). Deutlich klingt an, dass es nicht nur darum geht, „die Ereignisse aus einer theologischen Sichtweise zu interpretieren, sondern auch durch Prüfung der Gründe eine neue Grundlegung des Weges christlichen und kirchlichen Lebens zu finden.“ (Nr. 7) Die Erfahrungen und Ereignisse in Geschichte und Gegenwart werden hier in tiefer Weise ernst genommen. Wo steckt darin für uns ein Impuls zur Umkehr?

Zur Überwindung aktueller Polarisierungen gehört auch die Fähigkeit, in Alternativen denken zu können. Kann ich zulassen, dass in dem, was mir an gegensätzlichen Überzeugungen begegnet, eine wichtige Botschaft liegen könnte? Das Synodendokument benennt dies klar: „Die Fähigkeit, sich eine andere Zukunft für die Kirche und für ihre Institutionen vorstellen zu können, die auf der Höhe der Sendung ist, die sie empfangen hat, hängt zum großen Teil von der Entscheidung ab, Prozesse des Zuhörens, des Dialogs und der gemeinsamen Unterscheidung in Gang zu setzen, an denen alle teilnehmen und ihren Teil beitragen können.“ (Nr. 9)

Ich sehe darin eine Ermutigung für die anstehenden Beratungen sowohl in der Bischofskonferenz als auch beim Synodalen Weg. Achten wir vor allem auf das „Wie“. WIE sind wir hier miteinander unterwegs – und WIE nehmen wir den Hinweis von Papst Franziskus am Ende des Dokumentes ernst, dass es vor allem darum geht, „voneinander zu lernen und eine positive Vorstellungskraft zu schaffen, die den Verstand erleuchtet, das Herz erwärmt, neue Kraft zum Anpacken gibt.“ (Nr. 32) Das WIE wird ein Weg der Umkehr und dann der Entscheidung sein.


Bischof Dr. Michael Gerber, Fulda

Siehe Veröffentlichung: basis-online.net