Foto: Gerd Altmann -pixabay.com
Noch eine Woche bis Weihnachten. Die biblischen Texte und Lieder des Advents stimmen uns seit Wochen darauf ein. Und wer aufmerksam den Worten lauscht, merkt schnell. Ein Schlüsselwort begegnet immer wieder: Frieden.
Um den Frieden in der Ukraine wird aktuell gerungen. Die Verhandlungen in Berlin sind gerade vorbei. Ob der Frieden wirklich kommen wird für die Menschen in der Ukraine und für die Soldaten an der Front, niemand von uns weiß es. Und genauso wenig, ob der Frieden eine Chance hat in den vielen anderen Konfliktgebieten der Welt. In dieser Spannung zwischen erhofftem und ausbleibendem Frieden bereiten sich Christinnen und Christen wieder einmal auf das Weihnachtsfest vor und werden es in wenigen Tagen weltweit an Orten des Friedens wie des Unfriedens feiern.
Ein schmales Bändchen liegt auf meinem Schreibtisch aus der Bibliothek Suhrkamp mit Gedichten von Nelly Sachs. Die 18. Auflage ist es mittlerweile, die ich in den Händen halte. Darin findet sich ein Gedicht, das mit dem Satz beginnt:
EINER wird den Ball aus der Hand der furchtbar Spielenden nehmen.
Aus dem Exil in Schweden und wenige Jahre nach Auschwitz spricht Nelly Sachs, die deutsche Dichterin jüdischen Glaubens, diese Worte, bittend, nein, vielmehr drängend. Darin eingebettet ist ihre Diagnose, dass die Mächtigen furchtbar mit dem Erdball spielen – eine Beobachtung, die heute genauso erschreckend aktuell ist, wie sie es damals war, als das Gedicht entstanden ist!
Zugleich spricht die Dichterin von der unverbrüchlichen Erwartung, die uns Juden und Christen verbindet, dass EINER, Gott nämlich, die furchtbar Spielenden aus dem Spiel nehmen und den Frieden bringen wird. Und sie bittet leise und damit umso eindringlicher alle die, die ihr Gedicht lesen, deshalb nicht zum furchtbaren Spiel, sondern zum Frieden AMEN zu sagen:
Hier ist
Amen zu sagen
diese Krönung der Worte die
ins Verborgene zieht
und
Frieden
du großes Augenlid
das alle Unruhe verschließt
mit deinem himmlischen Wimpernkranz
Du leiseste aller Geburten.

Die Texte und Bilder dieser Website sind urheberrechtlich geschützt, aber dafür geschrieben, dass Sie von Ihnen weiterverwendet werden. Siehe Infos!
Das Copyright für alle Teile der Website liegt bei den jeweiligen Autorinnen und Autoren und bei www.spurensuche.de und sind urheberrechtlich als Datensammelwerk geschützt.
Wenn Sie Seiten oder Teile für Ihre Website, ihren Pfarrbrief oder anderweitig verwenden, geben Sie bitte immer den Namen der Autorin bzw. des Autors sowie den Namen unserer Website an.
Die an der Seite angegebenen AutorInnen freuen sich, wenn Sie einen kurzen Kommentar oder eine Information schreiben.
Downloads und Kopien sind nur für den privaten, nicht kommerziellen Gebrauch gestattet.
vom 02. 2015 bis 12. 2022 hatten wir
987.651 Besucher, die
2.164.067 Seiten gelesen haben.
