Das macht das “Regieren” natürlich nicht leichter, vor allem dann nicht, wenn an einem alten Leitungs- und Gehorsamsstil bzw. an einer alten Leitungs- und Gehorsamsmentalität festgehalten wird, die im Wesentlichen im Grund genommen immer noch den alten Obrigkeitsstaat und die alte Obrigkeitskirche als Leitbild hat.
Inzwischen sind viele Gremien zur verantwortlichen Mitwirkung eingerichtet worden und viele Formen der Mitwirkung sind entwickelt worden. Man kann nicht sagen, dass das Anliegen nicht begriffen und ernst genommen wurde, sehr viel früher in der staatlichen, später aber auch in der kirchlichen Gesellschaft.
Die neue Situation des Erwachsenseins und Erwachsenwerdens betrifft nicht nur Staat und Kirche, sondern betrifft auch das Verhalten und in etwa die Strukturen von Familie, Ehe, Schulen und Bildungsstätten insgesamt, von freien Zusammenschlüssen wie den Vereinen. Alle menschlichen Gemeinschaften sind betroffen von dem neuen Paradigma der Mitverantwortung, der Partizipation.
“Mehr Demokratie wagen” war das Losungswort der Willy-Brand-Regierung. Darum geht es.
Doch was ist das genau? Entsprechende Strukturen habe ich genannt. Diese in Ehren und es soll da weitergehen. Doch ist dies in vielem sehr viel mehr eine Frage der Mentalität. Wenn wir unsere kirchlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen befragen, wie es ihnen geht. Oder wenn wir ihnen einfach zuhören, dann kommt mit Sicherheit bei jedem und bei jeder, dass sie leiden unter dem autoritären Gehabe der die Kirche Leitenden. Und das sind nach wie vor besonders die Priester. Die Priestermacht wird weitgehend in Frage gestellt. Dies nicht nur in Deutschland. Ich komme eben aus Chile. Dort z.B. ist dieser Prozess in vollem Gang. Und demnächst findet die Amazonas-Synode in Brasilien statt. Auch dort geht es um solche Fragen.
Wie kann Priesteramt und Priester-Macht unterschieden und vor allem entflochten werden? Muss man auch in Zukunft, um Macht in der Kirche zu haben, Priester/in sein?
Seit dem Beginn des Christentums werden alle wichtigen Themen, auch die von Ehe und Familie von ehelosen, männlichen Priestern, Priester-Männern bearbeitet, formuliert und entschieden. Auch das Zweite Vatikanische Konzil hat keine Frau und keinen Laien in seiner Aula gesehen. Auch die Fragen über das weibliche Ordenswesen wurden von der, wie man heute gelegentlich zu hören bekommt, (männlichen) Priestermafia besprochen und entschieden. Und noch immer sind die großen Synoden in Rom und vielfach auch anderswo, reine Männer- und Priesterveranstaltungen. Insofern sind all diese Veranstaltungen, also eben auch das letzte Konzil, eigentlich eher mittelalterliche als post-moderne Veranstaltungen. Und dies durch reichliche Fernsehübertragungen im Angesicht der ganzen Menschheit. Ja buchstäblich. Oft und oft habe ich mich deswegen geschämt.
Dieser mein Beitrag ist allenfalls sekundär ein Beitrag zum Priestertum der Frau. Er meint: Vor der Frage, ob Frauen Priesterinnen sein können und sollen, steht die Frage nach der Entflechtung von Priestertum und Macht. Der sogenannte Laie, auch der männliche, muss entsprechende Ämter haben. Da könnte es, auch kirchenrechtlich gesehen, durchaus Laien (auch weibliche Laien) in höchsten kirchlichen Gremien geben, bis hin zum Kardinalskollegium.
Ich denke, sehr entschieden sogar, dass der Sinn der Priesterkrise heute, vor allem des Priestermangels, von Gott her gesehen durchaus darin bestehen könnte, dass Gott einfach eine laikalere Kirche haben will.
Und da sind wir immer noch auf der Suche nach einem besseren Wort für Laie. Es ist ja der biblische Name für die Mitgliedschaft in dem heiligen, priesterlichen Volk der Kirche des Neuen Bundes. Weltchristen nennen ihn manche. Wir können weitersuchen. Wichtig ist auf jeden Fall, dass das Wort nicht fehlende und geringere Kompetenz bedeuten darf und nicht einseitig dem Priester, der dies – dem Wort nach – alles hat, gegenüber gestellt werden kann und darf.