Date:14. Jul 2010

Komm, weiter …

Gebet

Erdmännchen

Foto: Kerstin Reberg-Schroth

Herr, wir waren heute mit unseren Kindern im Zoo.
Mir fiel auf, dass ich ständig irgendeine Mutter, einen Vater oder ein Großelternteil sagen hörte: „Komm, wir müssen weiter …“; „Komm, es gibt noch so vieles zu sehen …“.
Dabei stand das betreffende Kind und SAH noch so vieles: Ob das ein Tier war, bei dem man schon Minuten verbracht hatte oder ob das auch nur irgendein Stein war, eine Pflanze – irgendwas, was gerade die ganze Aufmerksamkeit brauchte.

Auch ich ertappte mich immer wieder dabei, weiter zu wollen, an die nächsten Tiere, die nächsten Schritte zu denken, meine „große“ Tochter antreiben zu wollen oder auch tatsächlich anzutreiben, während sie doch noch dabei war, z.B. im Affengehege immer wieder Neues zu entdecken, zu beobachten.

Wir Erwachsenen wollten vieles, alles sehen, waren schon beim Nächsten.
Unsere Kinder waren, wo sie waren. Ganz. Dort wollten sie alles sehen. Vielleicht stundenlang …

Wir Erwachsenen wussten um den Rundweg, den man gehen konnte, die vielen Tiere, die noch warteten.
Die Kinder wussten, dass das Tier, vor dem sie standen wichtig war, besonders ist und noch kennenzulernen ist.

Doch sie wurden angetrieben, weiter gejagt …
Dieselben Kinder werden in ein paar Jahren vielleicht kritisiert werden wegen Konzentrationsschwäche – wenn wir Erwachsenen „erfolgreich“ waren, ihnen das Leben im Augenblick, das Staunen im Moment abgewöhnt haben …

Herr, lehre mich, nicht alles sehen, wissen zu wollen, nicht immer schon einen Schritt weiter zu denken, sondern wieder zu staunen wie (m)ein Kind und den Moment zu genießen.

Herr, es ist schön, ein Ziel vor Augen zu haben, Pläne zu haben, weiter zu denken.
Doch hilf mir, nicht nur an die Zukunft zu denken, nicht einen bestimmten „Rundweg“, nicht mein vorgeplantes Programm gehen zu wollen.

Sondern hilf mir zu leben im Jetzt. Hilf mir, Deine Schöpfung zu bewundern, Deine Spuren zu sehen, sie zu achten und auf ihnen zu gehen:
Stehen bleiben, inne halten, staunen können,
weiter zu gehen, wenn es Zeit ist,
die Richtung zu ändern, wenn es nötig ist.
So will ich leben mit einem Ziel vor Augen im Wissen,
dass das Ziel, das Du für mich hast,
ein ganz anderes sein kann:
viel größer, besser, wunderbarer.

 

Kerstin Rehberg-Schroth