Date:29. Okt 2006

Herbstgedanken

Zeichen der Zeit

Herbstsonne

 

Herbstzeit – Erntezeit: Die Feldfrüchte reifen; die Weinlese und viele andere kulinarische Köstlichkeiten machen diese Zeit am Ende des Jahres zu einer Zeit der besonderen Lebensfreude. Das Gold der Oktobersonne lässt die Farbenpracht der Natur in herrlichem Glanz erstrahlen.

Herbstzeit – Zeit des Verfalls: fallende Blätter und kürzer werdende Tage machen uns darauf aufmerksam, wie flüchtig unsere Zeit ist. Sie droht uns zwischen den Fingern zu zerrinnen; nichts bleibt; nichts kann man festhalten – und am Ende des Tages fragt man sich: wo ist der Tag; am Ende des Jahres: wo ist das Jahr geblieben?

Gerade die Herbstzeit hält sehr unterschiedliche Gefühle für uns bereit. Goldene Oktoberstimmung und Novemberdepression sind auf dem menschlichen Stimmungsbarometer gar nicht so weit voneinander entfernt.
In diese mir gerade wegen ihrer Widersprüchlichkeit so liebe Herbstzeit hinein passt für mich folgendes Zitat sehr gut:  

Wohlan, jetzt, Mensch des Alltags,
entfliehe ein wenig deinen Beschäftigungen,
verbirg dich ein Weilchen vor deinen lärmenden Gedanken.
 Wirf ab jetzt deine drückenden Sorgen
und stelle zurück die mühevollen Geschäfte.
Sei frei ein wenig für Gott
und ruhe ein bisschen in ihm.

Vom Inhalt her könnte dieses Zitat gut von einem Menschen unserer Zeit geschrieben sein: Von jemandem, der die Hektik und Betriebsamkeit, die auch uns tagtäglich umgibt, gut kennt – der aber diesem typischen Merkmal unserer Zeit etwas entgegenzusetzen hat: Die Erlaubnis, sich Zeit zu nehmen: Zeit, die mir gut tut.

Das Zitat stammt jedoch von dem Theologen Anselm von Canterbury und ist schon ca. 1000 Jahre alt.

Die innere Unrast und die Erfahrung der Flüchtigkeit allen menschlichen Erlebens scheint demnach schon damals typisch menschlich gewesen zu sein.

Anselms Rezept, damit umzugehen, hat für mich auch heute noch einen gewissen Reiz. Er scheint mir folgendes sagen zu wollen: Wenn dir alles zu viel wird, wenn die Gedanken sich in deinem Kopf überschlagen, wenn die Angst nicht alles zu schaffen dich in die Knie zwingt – dann unterbrich diesen Kreislauf und halte inne. Da ist nämlich noch jemand mit Dir auf dem Weg. Und dieser Jemand ist – unser Gott. Er hat uns zugesagt, dass wir nicht nur auf die eigene Kraft vertrauen müssen, sondern immer wieder bei ihm auftanken dürfen: Auftanken, um all unseren Beschäftigungen und Aufgaben in Ruhe und Gelassenheit nachkommen zu können.

Vielleicht möchten Sie sich ja einladen lassen? – Wenn demnächst wieder einmal die goldene Oktobersonne vom Himmel strahlt, treten Sie für die Länge eines Spazierganges heraus aus Ihrem Alltag und tanken Sie Energie für trübe Novembertage!

Sonja und Steffen Knapp