Heimat und Familie sind untrennbar miteinander verbunden

Zeichen der Zeit

Wurzeln

Menschen brauchen Wurzeln, damit sie wachsen und sich entwickeln können. Heimat und Familie sind die Orte, wo sich diese Wurzeln bilden. Ein Mensch wächst langsam, er braucht Zeit, Raum, Sicherheit und Liebe für seine Entwicklung. Da, wo er lebt und aufwächst, bekommt er die Anerkennung und die Zuwendung, die er für sein Wachstum braucht. Und das wiederum lässt in ihm Vertrauen in sich und Beziehungsfähigkeit zu anderen entstehen.

 

Einmal in die Welt geboren, erobert sich der Mensch nach und nach seine Welt und erweitert sie Tag für Tag in dem Maß, in dem er sich sicher in ihr fühlt. So wird ihm seine zunächst kleine Welt, seine Heimat, nach und nach vertraut. Mit ihr geht er eine innere, unsichtbare Beziehung ein, die ihn ein Leben lang begleiten- und tragen wird, egal ob er in der Heimat verbleibt oder ob er in die große weite Welt ziehen wird. Heimat ist Boden und Fundament in einem, auf sie kann er aufbauen. Auf diese Weise lernt ein Mensch zu schätzen, was ihn umgibt und nur was er schätzt, wird ein Mensch auch schützen.

 

Wie anders entwickelt sich ein Mensch, dem man diese Grundbedingungen menschlichen Seins nimmt? Er hat weder Wurzeln noch findet er Boden unter den Füssen. Worauf soll er sein Leben gründen? Er kann und wird nur schwer, wenn überhaupt, Vertrauen und Beziehung zu der ihn umgebenden Welt und zu den ihn umgebenden Menschen entwickeln können. Alles bleibt ihm letztlich fremd und äußerlich. Ohne Wurzeln und ohne Vertrauen wird er zu einem Staubkorn im Wind. Entzieht man dem Menschen diese existenziellen Grundlagen, dann entwurzelt man ihn und schwächt ihn entscheidend in seiner Grundkonstitution. Er wird nie ganz sein, er zerfällt in seine Teile und verliert die Orientierung. Vertrauen und Glauben an sich und in sich selbst kann er nicht entwickeln. Er wird zum Getriebenen und oft zum Vertriebenen. Er ist innerlich mit nichts wirklich in Verbindung. Er wird begleitet von einer unbestimmten Angst, die ihn mutlos und macht und die ihn lähmt. Was oder wen sollte er schützen, wenn da nichts ist, zu dem er wirklich Bezug hat? Wie sollte oder könnte er das schützen, was er gar nicht fühlt?

 

Trotz alledem geht die Entwicklung der letzten Jahre und Jahrzehnte genau in die falsche Richtung. Eine kleine machtvolle Minderheit wirkt darauf hin, diese Grundvoraussetzungen menschlicher Existenz mit aller Gewalt zu zerstören. Sie wollen den Menschen über menschenverachtende, „ökonomische“ Irrlehren in die vollkommene Abhängigkeit führen und tun dies sehr erfolgreich. Diese Minderheit macht weniger als 1% der Menschheit aus und braucht zur Umsetzung ihrer Ziele meist weder Waffen noch sichtbare Gewalt. Es genügt der „systemische“, „globale“ Knopfdruck auf eine elegante Computer-Tastatur in den obersten Etagen wolkenkratzender Bürotempel, um weltweit mit maximaler Zerstörungskraft die Existenz und das Leben von Millionen Menschen buchstäblich zu vernichten.

 

Ihrem Credo zufolge bemisst sich der Wert eines Menschen aus dem, was er hat und nicht darauf, was er ist. Seine Daseinsberechtigung erwirbt er sich durch „Arbeit“. Der Mensch habe der Arbeit zu dienen und nicht die Arbeit dem Menschen. Darum müsse der Mensch dieser wie auch immer gearteten, oft ihm entfremdeten Arbeit folgen und permanent seine Leistung bringen. Er müsse „flexibel“ und permanent mobil sein. Es entsteht der gehetzte und entwürdigte Mensch unserer Tage. Dieses „Credo“ bedeutet, dass der Mensch am besten gar keine Wurzeln bildet und dass er eine Heimat erst gar nicht kennenlernen soll. Er wird bezugs- und beziehungslos. Zerstörung im Innern wie im Äußern ist die Folge. Der Mensch wird tun, was man ihm sagt und es bleibt ihm gleich, ob seine Arbeit und seine Handlungen gute, nützliche Folgen und Auswirkungen haben oder schlechte, unnütze, zerstörerische. Was geht ihn das an, was ihn umgibt. Man nimmt ihm sein Menschsein und raubt ihm seine kostbare Würde, die ihm von Gott gegeben ist. Diese Würde wird Tag für Tag verletzt und ist antastbar. Wenn wir diesem konsumischen Irrglauben folgen, verlieren wir unserer Selbstachtung und damit die Fähigkeit, die uns von Gott individuell gegebenen Gaben frei von jeglichem Vergleich zu entfalten.

 

Leistung ist kein Wort Gottes. Wir sind von Anfang an geliebt und angenommen, für das, was wir sind und nicht für das, was wir haben oder was wir „darstellen“. Jeder Mensch hat die ihm von Gott gegebene eigene Würde geschenkt bekommen und er hat jedem einzelnen von uns Gaben geschenkt, die wir ausbilden und entwickeln sollen, für sie sind wir verantwortlich. Das ist unsere Aufgabe. Und dazu brauchen wir ein gutes Fundament und gute Wurzeln, auf denen wir aufbauen können. Dann schaffen wir das, was gut und nützlich ist für uns und für unsere Kinder- und Kindeskinder. Nur so lässt sich die uns anvertraute Schöpfung bewahren. Und nur auf diesem Fundament kann Schönheit entstehen. Heimat und Familie sind dieses Fundament. Es ist Zeit, beides wieder zu entdecken, wertzuschätzen und zu stärken.

Klaus Zahn