Foto: Nicole Elß
„Ich gehe nur mal schnell ein Brot kaufen“, rufe ich meinem Sohn zu. Er ist seit drei Tagen krank. Zum Glück war der Corona-Test negativ. Die Sonne scheint mir ins Gesicht an diesen kühlen Morgen. Herrlich, ich entscheide mich spontan für einen Umweg durch den Stadtpark. Den Mund-Nasenschutz schiebe ich nach unten, hier sind kaum Menschen unterwegs. Einfach nur atmen.
Plötzlich raschelt es hinter mir. Ich drehe mich um und entdecke auf dem Baum hinter mir ein braunes Eichhörnchen. Es springt von Ast zu Ast und kommt neugierig ein Stück nach unten. Es beobachtet mich und ich das Eichhörnchen. Mittlerweile sitze ich unterhalb des Baumes auf einer Bank. Ich vergesse für diesen Moment alle Sorgen, die kleinen und die großen. Es ist so einfach und so schön. Das Eichhörnchen springt auf und ab, guckt nach mir, versteckt sich. Und mit einmal ist es mir aus dem Blickwinkel enthuscht, verschwunden. So sehr meine Augen auch den Baum absuchen, es hat gewonnen.
Mit einem Lächeln ziehe ich weiter. Dabei entdecke ich eine Biene und dann einen Specht, der mir stückchenweise Rinde auf den Kopf zuschmeißen versucht. Ich gehe näher an den Baum sehe nach oben durch die kahlen Zweige, die sich wie Kapillare einer Lunge im Blau des Himmels absetzen. Atmen, einfach durchatmen. Das Blau des Himmels macht gute Laune. Ich hätte Lust wie ein Eichhörnchen den Baum bis zur Spitze empor zu klettern.
Noch eine kleine Weile bleibe ich staunend unterm Baum und denke an nichts. Für eine Viertelstunde sind alle Sorgen und Ängste aufgelöst in das Blau des Himmels. Mein krankes Kind, die ganze Pandemie, der volle Schreibtisch im Büro. Alles aufgelöst im Blau. So schön, hat Gott die Welt gemacht, damit wir auftanken dürfen, atmen. Ich muss nur die Augen öffnen.
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