Date:05. Nov 2014

Arabischer Frühling

Zeichen der Zeit

Kirschbaum - Foto: privat

Foto: privat

“Arabischer Frühling” – Diese Wortprägung hat sich in den letzten Jahren in unser Gedächtnis gesetzt. “Frühling”?! Enttäuschter Frühling, dem kein Sommer und kein Herbst, reich an Früchten folgten, sondern kalter Winter folgt!?
Und doch leuchtet da eine Gestalt. So erlebte ich es, als Malala Yousafzai den Nobelpreis für Frieden zugesagt bekam. Damit wird ihr Eintreten für Bildung, für Bildung vor allem für Mädchen und Frauen gewürdigt. Ich habe in diesen Tagen eine Biographie über sie gelesen: “Ich bin Malala. Das Mädchen, das die Taliban erschießen wollten, weil es für das Recht auf Bildung kämpft” (Knaur Taschenbuch). Gewidmet: “Für alle Mädchen, die ungerecht behandelt und zum Schweigen verurteilt werden. Gemeinsam werden wir Gehör finden.”  Das Buch hat mir Einblick in das Alltagsleben von nord-pakistanischen Menschen gegeben, ebenso in die konkrete alltägliche Terror-Arbeit der Taliban. “Leb wohl Musik! Selbst deine süßesten Klänge sind nun verstummt. Die Taliban am Rande des Dorfes haben aller Lippen versiegelt.” (141)”Aus der Heimat voller Liebe habt ihr Schutt und Asche gemacht”. (296)

Die Biographie ist ein wichtiges Zeugnis für die selbstverständliche und tiefe Religiosität und Humanität dieser jugendlichen Muslima. Ihre Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen beginnt sie mit einem Dank an Gott. Sie redet die Versammelten mit “liebe Brüder und Schwestern” an. Ob ihnen dies schon einmal passiert ist in einer so feierlichen Versammlung.
Ihr Programm: “Lasst uns zu unseren Büchern und Stiften greifen. Das sind unsere mächtigsten Waffen. Ein Kind, ein Lehrer, ein Buch und ein Stift können die Welt verändern. Bildung ist die einzige Lösung. Bildung geht vor.” (401)

Das Buch schließt sie mit den Worten: “Das vergangene Jahr hat mir sowohl den maßlosen Hass mancher Menschen als auch die grenzenlose Liebe Gottes gezeigt.” (388)”Es gab eine Zeit, da habe ich Gott um ein paar Zentimeter mehr Größe gebeten [sie war  deutlich kleiner als ihre Altersgenossen und litt darunter, HK.]. Doch stattdessen hat er mich zum Himmel wachsen lassen, so groß, dass ich es nicht mehr messen kann. Also habe ich ihm die einhundert RakatNafl-Gebete gewidmet, die ich versprochen hatte, falls ich wachsen würde. Ich liebe meinen Gott. Ich danke meinem Allah. Ich spreche den ganzen Tag zu ihm. Er ist der Größte. Als er mir die rechte Größe gab, die Menschen zu erreichen, hat er mir auch große Verantwortung gegeben.
Frieden in jedem Haus, in jeder Stadt, in jeder Straße, in jedem Dorf; in jedem Land- das ist mein Traum. Bildung für jeden Jungen und jedes Mädchen auf der ganzen Welt.” (378 f.) Nicht vergessen werde ich die finsteren Blicke der Männer am Stand islamischer Verlage auf der Frankfurter Buchmesse, es waren Pakistani. Sie machten Propaganda für die Friedlichkeit des Islams. Als ich sie auf das Bild der Malala hinwies mit den Worten, dass dieses Bild für mich das Pakistan darstellt, das ich für sie erhoffe, ließen sie mich deutlich spüren, dass es nicht das ihre ist.

Herbert King