Zum Christkönigssonntag

Kunst · Theater · Literatur

Krone mit Dornenzweig

Foto: Sonja Knapp

Von der heiligen Elisabeth ist folgende Legende überliefert:

Mit der Zeit lebt sich Elisabeth in der neuen königlichen Umgebung ein. Aber so ganz kann sie sich noch nicht daran gewöhnen, dass sie jetzt eine Prinzessin ist. Auch die königlichen Allüren sind ihr noch fremd.
Guda, ihre Dienerin, wird ihre beste Freundin. Gerne entwischt Elisabeth auch in die Küche. Dort singen die Köchinnen lustige Lieder. Auch im Stall gefällt es ihr sehr gut. Es riecht nach Pferden, und die Burschen zeigen ihr alle Tiere. Manchmal schleicht sie sich ans Burgtor, um den Bettlern ein Stück Brot oder einen Apfel aus der Küche zu bringen.

An einem Sonntag geschieht etwas Unerwartetes: Elisabeth betritt mit der Landgräfin Sophie die Kirche. Elisabeth trägt ein perlenbesticktes Kleid, Armbänder, Ketten, und auf dem Kopf eine kleine goldene Krone. Alle drehen die Köpfe nach ihr um und bewundern ihre Schönheit und ihre königlichen Gewänder: „Schaut nur, die Krone! – Seht nur, wie vornehm sie ist!“

Elisabeth merkt von alledem nichts. Sie sieht nur Jesus am Kreuz. Er ist nur mit einem Tuch bekleidet und trägt eine Dornenkrone.
Elisabeth bleibt stehen. Sie legt ihre Krone und all ihren Schmuck vor Jesus auf den Boden hin. Sie betet: „Jesus, wie kann ich Krone und königliche Geschmeide tragen, wahrend Du die Dornenkrone gewählt hast? – All das lege ich Dir zu Füßen. Wie Du will ich sein.“

Elisabeth merkt nicht, dass die Menschen sie beobachten und miteinander tuscheln. So etwas hat es noch nie gegeben. Eine Prinzessin, die ihre Krone ablegt.

Wer soll das verstehen?

Was hat das zu bedeuten?

 

Sonja Knapp