Zeitzeichen Papst Franziskus

Zeichen der Zeit

Fliegender Papst

Foto: privat

Ein wichtiges, auffälliges Zeitzeichen ist Papst Franziskus. Gerade heute ist es ein Jahr her, dass Benedikt zurücktrat. Seither ist durch den neuen Papst eine ganz neue Hoffnung in die Kirche und weit über diese hinaus gekommen. Man hält immer noch etwas den Atem an und fragt: Wann wird es doch umkippen? Wann wird er „liefern“ müssen? Viele reden vom Obama-Effekt.

Ich muss sagen: Ich gehöre auch zu einem Teil meiner Seele zu den Skeptikern. Der andere (größere, hoffendere)  Teil dieser Seele sagt mir: Warum kann nicht einmal ein Charismatiker doch Neues bewirken? Dabei denke ich nicht so sehr an neue Institutionen und Gesetze, sondern an einen neuen Geist. Den Geist der Freiheit. Dass es zwar Regeln und Gesetze gibt, auch solche, über die man nach wie vor streiten kann und muss. Dass die Befolgung der Regeln aber beliebiger wird, mehr dem einzelnen überlassen bleibt. Und dass ihre Beziehung zu den Sakramenten, Taufe und Eucharistie vor allem, gelockert wird. Unsere Sakramente, sogar die Beichte, ist von so vielen Gesetzen regelrecht umstellt, so dass sie nicht eigentlich zugänglich sind für viele Menschen.

Da sind die Nummern 46 und 47 des Apostolischen Schreibens „Freude des Evangeliums” geradezu revolutionär. Dort lesen wir:

„Alle können in irgendeiner Weise am kirchlichen Leben teilnehmen, alle können zur Gemeinschaft gehören und auch die Türen der Sakramente dürfen nicht aus irgendeinem beliebigen Grund geschlossen werden.“ „Das gilt vor allem, wenn es sich um jenes Sakramente handelt, das die ‚Tür’ ist, die Taufe.“

Im Gespräch mit einem Brasilianer kommentierte dieser: Jetzt haben wir so viel an verpflichtender Katechese aufgebaut als Bedingung für die Taufe und jetzt soll das alles nicht wichtig  sein. Doch eine Kirche, die Kinder tauft, sollte tatsächlich da nicht restriktiv vorgehen.

Zum Thema Eucharistie lesen wir:

„Die Eucharistie ist, obwohl sie die Fülle des sakramentalen Lebens darstellt, nicht eine Belohnung für die Vollkommenen, sondern ein großzügiges Heilmittel und eine Nahrung für die Schwachen. Diese Überzeugungen haben auch pastorale Konsequenzen und wir sind berufen, sie mit Besonnenheit und Wagemut in Betracht zu ziehen. Häufig verhalten wir uns wie Kontrolleure der Gnade und nicht wie ihre Förderer. Doch die Kirche ist keine Zollstation, sie ist das Vaterhaus, wo Platz ist für jeden in seinem mühevollen Leben.“

Via facti hat bereits Johannes Paul II den Zugang zur vollen Mitfeier der Eucharistie beträchtlich gelockert. Auf den millionenfach besuchten Weltjugendtagen und sonstigen Massen-Eucharistiefeiern konnte niemand kontrollieren, wer tatsächlich im Sinne der gültigen Regeln zur Kommunion gehen darf. Es wurde auch nur ganz wenig versucht. Mit höchster de facto-Bewilligung des Papstes. Da hatte ja Benedikt dann größere Skrupel.

Es geht zutiefst um den Primat von Religion, Gottesbeziehung, Gotteserfahrung, Gottesbegegnung, Spuren-Gottes-Findung gegenüber dem herkömmlichen Primat Ethik und Kirchenrecht (kirchlichen Gehorsam).

Herbert King