Die Frau soll mehr Ämter und auch höhere Leitungsämter in der Kirche haben. Um z.B. Generalvikar zu sein, braucht man ja nicht unbedingt Priester zu sein.
Ich plädiere dafür, dass wir eine neue Sicht des Beitrags der Frau in der Kirche formulieren, ohne die Sache mit dem Weihepriestertum in Frage zu stellen. Jedenfalls den Versuch unternehmen, ob solches geht oder ob eine Höherbewertung der Frau nur über die Möglichkeit der Priesterweihe geht. Jedenfalls tun wir dadurch, mindestens zunächst, der Sache insofern einen guten Dienst, als wir da eher Chancen haben, etwas zu erreichen. Wir werden mit dem Bemühen, das Weihepriestertum zur Grundlage der Aufwertung der Frau zu machen, sofort – und soweit ich sehe für dauernd – auf Granit stoßen. Dafür ist die Kirche dogmatisch – zu Recht, zu Unrecht – zu sehr festgelegt.
Was geht, rein dogmatisch gesehen, nicht disziplinär kirchenrechtlich gesehen, schon jetzt: Z.B. Taufen dürfen ja auch Laien, auch die Frau natürlich. Predigen dogmatisch gesehen?! Der Wortgottesdienst könnte mehr laikal, auch weiblich gestaltet und präsidiert sein. Der Kern des Hochgebetes mehr priesterlich-männlich. Da die Darstellung der Frau Maria, und die Darstellung des Mannes Jesus. Bitte nicht ausweichen auf die „Natur“ Jesu, die menschlich allgemein ist.
Frauen müssen mehr Leitungsaufgaben (auch höhere) übertragen bekommen. Doch schon jetzt gibt es in gar nicht so wenigen Fällen Ordinariatsdirektorinnen oder Caritas-Direktorinnen. Auch gibt es – schon lange – Theologieprofessorinnen etwa in der Gregoriana, der Ausbildungsstätte für Priester schlechthin. Also das geht schon mal. Und vieles, vieles andere mehr.
Und sie müssen eine sichtbarere auch symbolische Repräsentanz in der Öffentlichen Darstellung der Kirche haben. Ich empfinde es als nicht gut, wenn Priester in großer Zahl in die Kirche zur Eucharistiefeier einziehen und sich in massiver Präsenz um den Altar versammeln. Da können auch Frauen mit einziehen, wie es ja in vielen Gemeinden inzwischen geschieht.
Warum in Deutschland die Gemeindereformen so einseitig, supereinseitig, priesterzentriert durchgeführt werden, ist in dem Land der Theologie, das Deutschland nach wir vor ist (40 theologische Fakultäten an Staatsuniversitäten, Religionsunterricht in den Schulen bis zum Anschlag), kaum zu glauben und nachzuvollziehen. Also so viele Gemeinden wie Priester. Nicht-priesterliche Gemeindeleitung in Zuordnung und natürlich Einbeziehung des geweihten Priesters wäre doch möglich gewesen. Solches gibt es ja in einzelnen Teilen der Weltkirche durchaus an manchen Stellen. Überhaupt hat Deutschland eine im Weltvergleich besonders hohe Priesterdichte. Und noch einmal „überhaupt“: Wie viele Priester braucht das Volk Gottes?
So sagt Papst Franziskus:
„Die Räume einer einschneidenden weiblichen Präsenz in der Kirche müssen weiter werden…Die Frauen stellen tiefe Fragen, denen wir uns stellen müssen. Dir Kirche kann nicht sie selbst sein ohne die Frauen und deren Rolle. Die Frau ist für die Kirche unabdingbar. Maria – eine Frau – ist wichtiger als die Bischöfe. Ich sage das, denn man darf Funktion und Würde nicht verwechseln. Man muss daher die Vorstellung der Frau in der Kirche vertiefen. Man muss noch mehr über eine gründliche Theologie der Frau arbeiten. Nur wenn man diesen Weg geht, kann man besser über die Funktion der Frau im Innern der Kirche nachdenken. Der weibliche Genius der Frau ist nötig an den Stellen, wo wichtige Entscheidungen getroffen werden. Die Herausforderung heute ist: reflektieren über den spezifischen Platz der Frau gerade auch dort, wo in den verschiedenen Bereichen der Kirche Autorität ausgeübt wird.“
Der Sinn des Rückgangs der Priesterberufe kann nach den Plänen Gottes auch darin liegen, dass eine laikalere und damit auch eine weiblichere Kirche möglich wird.
Ich schreibe dies alles mehr als einen beobachtend-tastenden Versuch, mich hineinzudenken in das, was da wohl die innere Gestalt von Kirche (als Familie, Bewegung, Volk Gottes, Organismus nach dem Bild des Leibes und als Netzwerk) sein kann. Jedenfalls muss da etwas an Neuformulierung geschehen. Es wäre wichtig, das, was es schon gibt, öffentlich mehr zur Kenntnis zu nehmen und es herauszuheben und nicht einseitig bei dem Thema Weihesakrament zu bleiben. Jedenfalls helfen da Polemik und Abwertungen nicht weiter.
Denn für eine sichtbare und effiziente Präsenz der Frau (und des Laien insgesamt) in der Kirche ist dies keineswegs das entscheidende Thema. Zu sehr könnten wichtige Kirchen-Strukturen dann doch wieder verwischt werden. Die nicht-geweihten Frauen (aber auch nicht-geweihte Männer) hätten dann doch keine Möglichkeit, (lediglich) auf Grund ihrer Zugehörigkeit zum „heiligen Volk Gottes-laós“) eine führende Stelle in der Kirche zu haben.
Und es ist schon viel geschehen. Da beobachte ich allerdings, dass dies, was jetzt bereits möglich wäre/ist viel zu zaghaft und zu sehr unter dem Gesichtspunkt einer zugestandenen Ausnahme und Notlage in Erscheinung tritt.
Und mit sich bringt das Ganze auch die Notwendigkeit einer Aufwertung Marias, wie sie das Zweite Vatikanische Konzil erarbeitet hat. Zu wenig höre ich davon. Maria als aktiv-passive Frau ist nicht nur die Mutter Jesu, sondern auch die Gefährtin Jesu und die Mitwirkende („cooperatur“) in allen Phasen des Heils (so Lumen Gentium 8). Dauer-Gefährtin also des aktiv-passiven Jesus. Mitgewirkt durchaus nicht nur rein passiv (auch dies LG 8). Dies also die Grundaussage des Konzils über Maria. Dies alles auch die Grundaussage eines marianischen Charismatikers wie Pater Kentenich. Auch eines Dogmatikers wie Hans Urs von Balthasar und inzwischen einer beachtlich großen Gruppe von auch deutschen Theologen, wie sie sich in verschiedenen Dissertationen und Publikationen der letzten Zeit entsprechend zeigt.
Der Hinweis auf Maria soll nicht den Schluss dieser kurzen Darlegung bilden, sondern vielmehr eine Mitte in den Blick nehmen, um die herum das hier uns aufgetragene Thema bedacht werden kann. Diese Mitte heißt frei nach Genesis:
Und Gott schuf den Menschen,
nach seinem Bilde schuf er ihn,
als Mann und Frau erschuf er sie,
nach dem Bilde von Jesus und Maria schuf er sie.
in unterschiedlichen Funktionen,
doch mit gleicher Würde.
Ich denke: Hier kann eine eher skotistische Sicht des Inkarnationsmotivs und -vorgangs den Rahmen bilden.
Zur Frage der Laienämter in der Kirche vgl. die Habilitationsschrift von Guido Bausenhart zu diesem Thema.
Vgl. Dazu: Herbert King: Mann-Priester-Frau-Kirche. Eine Skizze. In regnum 45 (2011), 12-25. – Ders.: Überlegungen zum Priesterbild Pater Kentenichs. In: Schmiedl (Hrsg.): Festschrift zum 100. Priesterweihetag PKs, Patris, Vallendar 2008.
Vgl.: Herbert King: Neuentdeckung Marias in der akademischen Theologie. in: www.spurensuche.de 2019. – Ders.: Maria neu entdecken, Patris Verlag 2006.