Zahlen, Zahlen …

Zeichen der Zeit

Zahlen im Sport - Zeitung

Foto: Allgemeine Zeitung Mainz, 23.04.2012, Seite Sport

Borussia Dortmund ist Deutscher Fußballmeister. 80.000 Zuschauer feierten vergangenen Samstag im Stadion den Erfolg. Danach – so war zu lesen – ging in der Stadt so richtig die Party los. Wenn die Meisterschale am 5. Mai überreicht wird, werden es wiederum 80.000 Menschen im Stadion sein.  Und danach wird wohl die halbe Stadt unterwegs sein.

Vor einigen Tagen machte eine andere Zahl die Runde: 25.000 Dauerkarten sind für den diesjährigen Katholikentag  verkauft.  Da war die Zahl, die sich die Verantwortlichen in der Katholikentagsleitung als Mindestziel gesetzt haben. Freude und Erleichterung darüber waren deutlich zu spüren.  Das große Glaubensfest der deutschen Katholikinnen und Katholiken kann am 16. Mai starten.

Just an diesem Samstag, an dem Borussia Dortmund Meister wurde, besuchte ich das Dorf im nördlichen Saarland, in dem ich aufgewachsen bin. Auch dort gab es etwas zu feiern. Die Kolpingfamilie feierte ihr 60jähriges Bestehen. 13 Mitglieder hat sie noch. Im Festgottesdienst sprach der Priester von einer kleinen Schar und tröstete mit dem Hinweis auf die  263.000 Mitglieder, die das Kolpingwerk bundesweit hat.

80.000 – 25.000 – 13 – 263.000. Zahlen bestimmen unser Leben. Ob im Sport, in der Politik, in der Wirtschaft, in der Kultur und auch in der Kirche:  In unserer Gesellschaft werden Erfolge medial über Zahlen vermittelt.  Dabei gilt: Je mehr, desto besser! An diesem Maßstab gemessen, schreibt der Dortmunder Fußballverein im Moment an einer großen Erfolgsgeschichte, kann das Kolpingwerk bundesweit mit für den Verbandskatholizismus in Deutschland sehr guten Mitgliederzahlen punkten und wird man vermutlich in Mannheim zwar keine euphorische, aber eine doch insgesamt zufriedene Zwischenbilanz ziehen. Was aber ist mit der kleinen Kolpingfamilie in meinem Heimatdorf?

In den Lesungstexten der Osterzeit aus der Apostelgeschichte hören wir in diesen Wochen, wie sich das Evangelium ausbreitet und die Zahl der Christinnen und Christen ständig wächst. Die Geschichte des Christentums ist in seinen Anfängen eine gerade auch in Zahlen messbare Erfolgsgeschichte. Von daher schmerzt der Schrumpfungsprozess, in dem wir momentan in Deutschland stecken und der für mich an diesem Samstagabend einmal mehr konkret erfahrbar wurde. Weniger Gläubige, weniger Gemeinden, weniger Verbände, weniger Berufungen und so weiter und so fort.

So weiß ich nicht, ob die Kolpingfamilie in meinem Heimatdorf im Jahre 2027 ihr 75-jähriges Jubiläum feiern wird oder sie sich dann längst aufgelöst hat. Dass es sie noch gibt, das allerdings wünsche ich ihr von Herzen.  Und egal, ob es dann wieder 50 oder 25, 13 oder nur noch 5 Mitglieder sind, für sie wie für uns alle gilt Jesu Zuspruch: „Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind, da bin ich mitten unter ihnen.“

Andreas Ruffing