Date:13. Jan 2016

Weihnachten und Muslime

Zeichen der Zeit

Christbaumschmuck - Foto: Günther Gumhold - pixelio.de

Foto: Günther Gumhold – pixelio.de

Weihnachten – ein Fest auch für unsere muslimischen Mitbürger?!

Weihnachten und Advent hat unser Land auch dieses Mal wieder für mehrere Tage, ja Wochen in Beschlag genommen. Kein Thema interessiert so viele Menschen über eine ähnlich lange Zeit so intensiv wie Advent/Weihnachten. Dem können (und wollen) sich auch Muslime in unserem Land (Leitkultur hin- Leitkultur her) nicht so einfach entziehen. Darf man die Worte Weihnachten und Advent deshalb nicht mehr nennen, sondern – wie in USA und England – von “den Feiertagen” reden oder vom “Jahreswechsel” allein? Entschieden nein.

Eine schöne Geschichte, direkt aus dem Leben, die ich zu Weihnachten zugeschickt bekam, schildert, wie in einem muslimischen Haushalt Jahr um Jahr ein wenig mehr das (deutsche) Fest Weihnachten einzog. Es waren die Kinder, die nicht hinter ihren Schulkameraden zurückstehen wollten, die da mehr und mehr initiativ wurden. Es begann in dem einen Jahr mit einem kleinen Tannenzweig und ein paar Sternen und Kerzchen. Im Laufe der nächsten zwei, drei Jahre wurden es immer mehr, bis schließlich ein reich geschmückter Tannenbaum einzog. Und dieser wurde von Jahr zu Jahr größer. Die abwehrende Haltung des Vaters wurde von Mal zu Mal schwächer und konnte sich nicht mehr durchsetzen, wollte es auch schließlich nicht mehr.

Was war geschehen? Integration in die deutsche Mehrheitsgesellschaft? Ja. Etwas Christliches? Nein. Oder halt doch auch etwas Christliches!? Es läge an uns Christen, den muslimischen Mitbürgern die (religiöse) Bedeutung Jesu, dessen Geburt wir nun Mal an Weihnachten feiern und in zahllosen Krippendarstellungen erinnern, zu erklären, und zwar mit Hilfe des Koran.

1915 haben hundert tausende Muslime, die neu in unser Land gekommen sind, zum ersten Mal in ihrem Leben Weihnachten mitbekommen, miterlebt, oder auch mitgefeiert. Und mehrere Millionen Muslime erleben schon seit Jahren Weihnachten in unserem Land. Was kann/ könnte Weihnachten für sie bedeuten?

Dazu folgender Beitrag aus einem Interwiev mit dem Deutsch-Iraner Kermani. Dieser hat im vergangenen Jahr den Friedenspreis des deutschen Buchhandels bekommen. Eine der ehrenvollsten Auszeichnungen, die in Deutschland vergeben wird. Kermani ist zur Zeit einer der wichtigsten geistigen Brückenbauer zwischen Christentum und Islam. Sein Buch “Ungläubiges Staunen. Über das Christentum” stand wochenlang auf den Bestsellerlisten.

Kermani wurde gefragt, “was für ihn Jesus, beziehungsweise die Theologie des Weihnachtsfestes bedeutet. Kermani: ‘Für mich wird Gott nicht Mensch.’ Jesus sei aus seiner Sicht nicht der Sohn Gottes schlechthin. Kermani sieht ihn allerdings, ‘als das Modell einer Sohnschaft Gottes. Also das Beispiel für die grundsätzliche Möglichkeit, dass Gott Mensch werden kann und umgekehrt der Mensch ganz von Gott erfüllt werden kann’. Diese Botschaft finde sich vergleichbar in der islamischen Mystik, die bis ins 20. Jahrhundert hinein die vorherrschende Ausprägung des Islam gewesen sei. Kermani zitiert in diesem Zusammenhang den muslimischen Mystiker Halladsch, der in der Verzückung ausgerufen habe: ‘Ich bin Gott.’ ‘Dieser exstatische Moment sozusagen imprägniert ins tägliche Leben überführt, dafür stünde für mich Jesus,’ erläutert Kermani.

Anknüpfend an diese Art von Mystik sieht er auch Möglichkeiten der Verständigung zwischen Christentum und Islam, vor allem was den Streit darüber betrifft, ob das Christentum wirklich an einen einzigen Gott glaubt – oder mit der Trinität nicht eigentlich doch einem Drei-Götter-Glauben huldigt. Kermani versucht eine Vermittlung. Sie gäbe es gerade in der islamischen Tradition des Sufismus ‘ein Wissen um die absolute Ausnahmestellung Jesu unter den Menschen und selbst unter den Propheten’. Jesus sei der einzige Prophet, der im Koran als ‘Geist Gottes’ und ‘Messias’ bezeichnet werde. ‘Das sagt der Koran nicht einmal über Mohammed’, so Kermani.” (Christ in der Gegenwart vom 3. Januar 2016, S.4.)

Herbert King