23.08.2017
Fußball wird oft als „die schönste Nebensache der Welt“ bezeichnet, und als Weihbischof im Bistum Essen ist man gut beraten, sich für Fußball zu interessieren. Mein erster Verein war in meiner Jugend Rot-Weiß Oberhausen. Er spielte von 1969-1973 in der Bundesliga. Während meiner Studienzeit gehörte mein Interesse dem SC Freiburg. Lokal steht heute natürlich Schalke 04 im Focus, sinnvollerweise sollte ich aber auch um den VfL Bochum und den MSV Duisburg wissen.
Am vergangenen Wochenende hat die neue Saison der Bundesliga begonnen. Für viele heißt das: Endlich geht es wieder ins Stadion. Oder wenigstens zur Sportschau vor den Fernseher: Die Freude am Spiel und die Freude an der Gemeinschaft lassen viele Herzen höher schlagen. Fußball erscheint manchmal als Religionsersatz – Riten und Choreografien tragen dazu bei. Dass dann der Gottesdienst in der Konkurrenz zum Fußball schon mal den Kürzeren zieht, …
Leider macht der Fußball zurzeit nicht nur gute Schlagzeilen. Die Summen bei den Spielertransfers übersteigen unsere Vorstellungskraft: 222 Millionen Euro wurde im August für den Brasilianer Neymar gezahlt. Wo früher Vereine gegeneinander spielten, treffen heute riesige Konzerne aufeinander. Geld regiert nicht nur die Welt, Geld bestimmt den Sport und auch den Fußball.
„Krawalle bei Rostock gegen Hertha: Eine Blamage für den Fußball“. Beim Pokalstart am vorletzten Wochenende zündeln erst Hertha-Fans, dann auch die Rostocker. Sitze brennen. Das Spiel wird unterbrochen. Ein Abbruch erscheint möglich. In ähnlichen Situationen hat der Deutsche Fußball-Bund mit der Verhängung von Blocksperren, Teilausschlüssen oder „Geisterspielen“ reagiert. Da werden die Vereine für das Handeln Einzelner bestraft und unbeteiligte Fans haben darunter zu leiden. In der vergangenen Woche empfahl DFB-Präsident Reinhard Grindel, „darauf zu verzichten, Strafen zu beantragen, die unmittelbare Wirkung auf Fans haben, deren Beteiligung an Verstößen gegen die Stadionordnung nicht nachgewiesen ist“.
Außerdem lud der DFB-Präsident sogenannte „Ultra-Vertreter“ ein, sich mit dem DFB, seiner Arbeitsgruppe Fankulturen sowie anderen Fan-Organisationen an einen Tisch zu setzen. „Wir müssen im Dialog Vertrauen aufbauen, Missverständnisse ausräumen und gemeinsam klare Linien und Grenzen festlegen.“
Mich berührt, wie sehr sich die Szenarien ähneln: Geld, Gewalt, Hoffnung auf Dialog und die Sehnsucht nach einem friedlichen Miteinander bestimmen den Fußball, die schönste „Nebensache“. Gleichzeitig sind es „Welt-Themen“.
Das Wort des DFB-Präsidenten am Rande des Start-Spiels der Bundesliga „Gewaltverzicht ist unverzichtbar“: das Wort ist gerade heute brandaktuell – nicht nur für den Fußball.