Weihbischof Karl Borsch

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Gott und das Leid in der Corona-Pandemie

Corona hinterlässt tiefe Wunden. Menschen sterben an Covid 19. Angehörige können sich nicht verabschieden. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte zum Gedenken für die Verstorbenen in der Corona-Pandemie aufgerufen. Neben einer zentralen Gedenkveranstaltung am vergangenen Sonntag gedachten auch die Kirchen in Gottesdiensten und Veranstaltungen der Corona-Toten.

Warum lässt Gott so viele Menschen an Covid 19 leiden und sterben?
Warum beendet er die Pandemie nicht?
Warum greift er in der gegenwärtigen Krise nicht ein?
Ist die Pandemie am Ende vielleicht sogar eine erzieherische Maßnahme Gottes, ja, vielleicht sogar eine Strafe für die ökonomischen und ökologischen Exzesse in den letzten Jahrzehnten?

Ernste Fragen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen.
Was sagt der christliche Glaube?

Tastend versuche ich eine Antwort, die Fragen offen lässt:

Gott hat die Welt erschaffen. Und er erschafft sie kontinuierlich neu.
Gott greift nicht ein in die Abläufe der Welt, in die Naturgesetze, in die Autonomie der Menschen. Gott hat die Welt und die Menschen in Freiheit gesetzt, weil er die Liebe der Menschen gewinnen will. Liebe geht nur in Freiheit.

Heißt das, dass Gott überhaupt nicht wirkt in der Welt? Nein. Gott wirkt in der Welt. Aber nicht an uns vorbei, sondern durch uns hindurch. Sein Weg, in der Welt zu wirken, sind die Geschöpfe, sind wir.

Darum ist er Mensch geworden, einer von uns: Jesus. In Jesus leidet Gott mit. Und er möchte, dass es heller wird. Aber nicht an uns vorbei, an unserer Freiheit und an den Gesetzen der Natur vorbei – sondern durch uns hindurch.

Die Corona-Pandemie ist weder eine Strafe Gottes noch ist es sinnvoll, auf ein magisches Eingreifen Gottes zu hoffen. Gott ist weder Verursacher der Pandemie noch der letzte Notnagel in der Pandemiebekämpfung. Gott handelt in der Welt, wenn wir Menschen seinen Willen in uns und durch uns geschehen lassen.

Ein beeindruckendes Zeugnis dieses Glaubens gibt ein junger Mann, den unzählige Jugendliche aus dem Internet kennen: Philipp Mickenbecker. Philipp Mickenbecker ist Youtuber, Influencer, einer, der mit seinem Bruder und anderen jungen Leuten ungewöhnliche Dinge entwickelt und anstellt und sie über Youtube verbreitet.

Philipp Mickenbecker hat über 1 Mio. follower. Junge Menschen, die ihm folgen und ihn begleiten. Philipp Mickenbecker ist 24 Jahre alt. Als er 16 war, erkrankte er erstmalig an Lymphdrüsenkrebs. Nach langwieriger Behandlung und Therapie galt er 4 ½ Jahre als geheilt. Dann kam der zweite Ausbruch, mittlerweile der dritte. Aus medizinischer Sicht gibt es keine Hoffnung mehr für ihn.

Philipp Mickenbecker hat ein Buch geschrieben über sein junges Leben. Über sein Ringen mit der Krankheit, über seine Erfahrungen mit Gott. Am Ende dieses Buches schreibt er sinngemäß:

Ich kann Gott nicht verstehen. Aber ich kann Ihn erkennen.
Ich erfahre Seine Nähe. Ich vertraue mich Ihm an – restlos. Jesus war Gottes Sohn. Aber auch ihm ist das Kreuz nicht erspart geblieben.
Er hat es nicht gesucht. Es hat sich ihm in den Weg gestellt. Er ist ihm nicht ausgewichen. Er hat es angenommen und getragen bis zum Tod und durch den Tod hindurch. Auf geheimnisvolle Weise zeigt Jesus uns wohl, dass der Weg zum Leben, nicht am Kreuz vorbei, sondern durch´s Kreuz hindurch führt.
Das ist mein Glaube: Weil Jesus gestorben und auferstanden ist, wird auch mein Weg, verbunden mit ihm, nicht auf dem Friedhof enden, sondern in der Zukunft Gottes.


Weihbischof Karl Borsch, Aachen

siehe Veröffentlichung: basis-online.net