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Die Wahlabende im Fernsehen haben ja ihre eigenen Abläufe und ritualisierten Formen, angefangen mit der Verkündung der Prognose um 18.00 Uhr, den ersten Statements von Siegern und Verlierern und eingestreuten Hintergrundinfos zum Wahlergebnis durch die Wahlforscher.
Am vergangenen Sonntag habe ich an einer Stelle aufgehorcht. Das Wahlergebnis der CDU sei „Grund zur Demut“, sagte der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier. Hoppla, denke ich, so etwas Ähnliches habe ich doch vor kurzem gehört. Und ja, kurz gegoogelt, stoße ich auf Markus Söder, der zwei Wochen zuvor das CSU-Ergebnis „mit Demut“ annimmt. Ein Wort, das im alltäglichen Sprachgebrauch kaum noch eine Rolle spielt und plötzlich in der Politikersprache wiederkehrt. Was aber wollen uns beide Politiker eigentlich damit sagen?
Ich werde das Gefühl nicht los, da ist irgendwie ein falscher Zungenschlag zu hören, da passt etwas nicht zusammen. Ich vergewissere mich: Demut kommt von einem althochdeutschen Wort mit den Bestandteilen „dienen“ und „Mut“ und bezeichnet die Grundhaltung eines Dienenden gegenüber einem Höherstehenden. Im biblisch-christlichen Verständnis drückt es in besonderer Weise die Grundtugend eines frommen Menschen aus, der zutiefst davon überzeugt ist, dass er in seinem Leben auf Gott und dessen rettende Nähe angewiesen ist. Es geht also im profanen wie religiösen Sprachgebrauch um eine Lebenshaltung. Und plötzlich merke ich, was mich stört: Ein altes, ehrwürdiges Wort mit großer Sinntiefe, wenn auch vielfach vergessen und irgendwie unmodern geworden, wird hier wieder ausgegraben, aber völlig verflacht, gedankenlos und unangemessen gebraucht: als momentane Reaktion auf eine Wahlschlappe.
Es wäre gut, wenn Politiker das Wort Demut ganz schnell aus ihrem Repertoire streichen. Vor allem dann, wenn sie es so gebrauchen wie die beiden Ministerpräsidenten an den Wahlabenden im Oktober.
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