Date:05. Jan 2011

Von Menschen und Göttern

Kunst · Theater · Literatur

Film

Foto: Website
 

Gesichter, die man nicht vergisst. So eindrucksvoll gezeichnet, so unfassbar dargestellt, dass man glaubt, man sei nicht im Kino, sondern sähe diese Zisterzienser von Angesicht zu Angesicht:

Prior Christian de Chergé, 59,
Bruder Luc Dochier, 82,
Pater Christophe Lebreton, 45,
Bruder Michel Fleury, 52,
Pater Bruno Lemarchan, 66,
Pater Célestin Ringeard, 62,
Bruder Paul Favre-Miville, 57 Jahre alt geworden,

waren die Opfer von Entführung und grausamem Mord im März 1996. Sie und die beiden überlebenden Zisterzienser-Mönche Bruder Jean-Pierre und der hochbetagte Bruder Amédée.
Sie alle sind Gegenstand des Films „Von Menschen und Göttern“ von Xavier Beauvois, der gerade in den Kinos läuft.

Was damals ganz Frankreich bewegte, führte heute ebenfalls ein ganzes Land in die Kinos.
Warum leben sie ihr strenges zisterziensisches Leben ausgerechnet im Kloster von Tibhirine Notre-Dame de l’Atlas?
Warum blieben die Mönche – trotz Bedrohung durch bewaffnete islamistische Rebellen?
Warum lehnten sie militärischen Schutz durch die algerische Armee für ihr Kloster ab?
Warum lesen sie den Koran?
Warum gehen sie offenen Auges in den Tod, da sie doch das Leben so lieben, dass ihnen Musik und ein gemeinsames Mahl Freudentränen in die Augen treibt? Oder sind es bereits Tränen des Abschieds?
Eine bewegende Szene, sicher eine Schlüsselszene des Films. Ohne ein Wort wird uns Theologie vor Augen geführt. Gegen das Böse singen sie an. Gegen den Hass üben sie Nächstenliebe. Gegen die Angst umarmen sie einander.

Ein schöner, ein trauriger, ein gläubiger Film. Auch wenn er nicht klärt, wohl auch nicht klären kann, wer solchen Menschen die Köpfe vom Leib trennte. Und warum. Die Spuren verschwanden in den verschneiten Bergen des Atlas. Ihre Gräber blieben.

 

Anne-Madeleine Plum