Heilig-Geist-Fenster in der Apsis des Petersdoms, Rom
Foto: Hubertus Brantzen
Der Prager Professor Tomas Halik fordert die lateinamerikanische Kirche in Brasilien zur entschiedenen Verteidigung des Papstes auf
Tomas Halik ist tschechischer Priester und Religionsphilosoph an der Prager Karls-Universität. Seit Jahren ist er ebenfalls äußerst fruchtbarer Studentenseelsorger in Prag. Er ist Träger des Templeton-Preises sowie des Guardini-Preises. Ein halbes Dutzend seiner Bücher sind inzwischen auch auf Deutsch (im Herder-Verlag) zugänglich. Hervorheben will ich seine Selbstbiographie: „Alle meine Wege sind DIR vertraut. Von der Untergrundkirche ins Labyrinth der Freiheit“. Halik wurde in der Untergrundkirche Tschechiens zum Priester geweiht.
Zusammen mit dem Theologen Prof. Zulehner von der Universität Wien initiierte er eine sehr erfolgreiche Unterschriftenaktion pro Papst Franziskus.
Halik begann am 1. September eine Vortragsreise durch Brasilien. Seine Botschaft für die Kirche und Gesellschaft Brasiliens, fasst er vor seinem Abflug wie folgt zusammen:
Die katholische Kirche befindet sich gegenwärtig im kritischen Augenblick ihrer Geschichte, in einer Krise, die mit der Reformationszeit sowie der französischen Revolution vergleichbar ist. Der sexuelle Missbrauch, der nun dokumentiert worden ist, stellt nur einen Aspekt des Versagens eines bestimmten Typus der Kirche dar. Und dieses Versagen erfordert eine weitgehende Reform nicht nur der Strukturen der Kirche, sondern hauptsächlich der Stellungnahme der Kirche zu vielen Bereichen und Themen, einschließlich der Fragen der Macht und Autorität, Auffassung von Sexualität, Erziehung und Formation der Priester, Fragen des Priesterzölibats sowie der Rolle der Priester und Laien in Kirche und Gesellschaft.
Das Charisma des Zölibats soll besonders in Ordensgemeinschaften und in Spiritualitätszentren gepflegt werden, die zum Unterschied von der Mehrheit der Seminare imstande sind, eine gründliche Erziehung dazu zu gewähren, sowie dann unentbehrliche menschlich würdige Lebensbedingungen zu ermöglichen. Die Kirche kann zu einer glaubenswürdig lehrenden Institution nur dann werden, falls sie die Fähigkeit entwickelt, selber zuzuhören und zu lernen – und dazu ist jetzt die höchste Zeit gekommen!
Papst Franziskus hat eine notwendige weitgreifende Reform eingeleitet, eine Wende von dem, was in dem bisherigen Modell der Kirche, in ihrer Lehre sowie Praxis unglaubwürdig war, zu einer radikalen Erneuerung im Geist des Evangeliums. Papst Franziskus ist in der Zeit der weltweiten Bedrohung durch den Populismus und politischen Extremismus zur Stimme einer Hoffnung geworden, die weltweit auch über die Grenzen der Kirche hinaus wirksam ist.
Sein Mut hat Panik in bestimmten Kreisen hervorgerufen, die den Papst wiederholt hart angreifen und ihre Angriffe in der letzten Zeit auf die Spitze getrieben haben. Insbesondere für Seelsorger und Lehrer in der Kirche, für Bischöfe und Theologen, erachte ich als Pflicht, gegenüber dem Papst in dieser Zeit ihre Treue zu bezeugen und ihm Beistand zu leisten.
Meiner Überzeugung nach sollte die lateinamerikanische Kirche, aus deren Reihen Papst Franziskus stammt und mit deren Charisma er die Kirche und die Welt bereichert, an der Spitze derer stehen, die seine reformatorische Sendung verteidigen und entfaltet werden. Sollte die Stimme von Papst Franziskus totgeschwiegen werden, so hätte das katastrophale Folgen nicht nur für die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche, sondern auch für alle, die in unserer Welt, die voller Angst, Gewalt und Hass ist, um Hoffnung kämpfen gegen die Versuchung der Resignation.
So wie die Befreiungstheologie die Solidarität mit den marginalisierten, am Rande der Gesellschaft stehenden Menschen akzentuiert, versuche ich auf die Notwendigkeit der Solidarität mit jenen Menschen hinzuweisen, die am Rande jenseits der sichtbaren Grenze der Kirche stehen, mit geistig Suchenden, die in der gegenwärtigen Kirche glaubwürdige Antworten auf ihre existentiellen Fragen und Zweifel nur schwer finden.
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