Date:30. Jan 2013

Traurige Zeichen

Zeichen der Zeit

Friedhof- Foto: H.D.Volz - pixelio.de

Foto: H. D. Volz – pixelio.de

Eine knappe Meldung in unserer Tageszeitung aus der letzten Woche geht mir nicht aus dem Kopf. Trotz der aktuellen Vorgänge, die uns im Moment innerkirchlich so sehr bewegen.

Eine 80jährige Frau aus dem Raum Stuttgart wird zwei Jahre nach ihrem Tod in ihrer Wohnung entdeckt. Nein, ein Einzelfall ist das längst nicht mehr. In regelmäßigen Abständen erreichen uns solche Nachrichten. Und fast reflexartig sind dann die Reaktionen in der Öffentlichkeit: Entsetzen, Unverständnis, Ratlosigkeit. Und die üblichen Fragen: Wie konnte so etwas passieren? Warum ist die tote Frau so spät entdeckt worden? Warum wurde sie von niemanden vermisst: von Nachbarn, Behörden? Gab es denn keine Angehörigen? Und spätestens dann, wenn die Frage gestellt wird, was das eigentlich über unsere Gesellschaft aussagt, gesellt sich in Kommentaren schnell der moralische Zeigefinger dazu. Tatsache ist jedoch: Wo Menschen  anonym und ohne soziale oder familiäre Bezüge leben, wo Nachbarn nichts mehr voneinander wissen, wie das in unseren Ballungsräumen oft der Fall ist, aber längst nicht mehr nur dort, wird es solche Geschichten immer wieder geben.  Die Klage über soziale Teilnahmslosigkeit  in unserer Gesellschaft und moralische Appelle dies zu ändern, verhindern dies nicht.

Das einsame Sterben und der unbemerkte Tod der unbekannten Frau sind traurige Zeichen unserer Zeit. Mit ihnen abfinden dürfen wir uns trotz alledem nicht. Deshalb gehört die Geschichte dieser Frau als allererstes erzählt und uns allen in Erinnerung gebracht. Gewiss: In meiner Tageszeitung war sie wie in vielen anderen Medien lediglich eine Randnotiz  zum großen Tagesgeschehen. Doch für mich ist das Schicksal der Frau aus Baden-Württemberg in den letzten Tagen zu einer ganz wichtigen Geschichte geworden.

Andreas Ruffing