Spurensuche mit dem Papst

Was ist Spurensuche?

Papst Franziskus - Buchcover Patris-Verlag

Foto: Buch Papst Franziskus Gott im Zentrum der Stadt

Buch Papst Franziskus

Interviewer: „Heiligkeit, wie geht das: Gott in allen Dingen suchen und finden?“

Papst Franziskus:
„Es gibt de facto die Versuchung, Gott in der Vergangenheit zu suchen oder in den Zukunftsmöglichkeiten. Gott ist sicher in der Vergangenheit, denn man findet ihn in den Abdrücken, die er hinterlassen hat. Er ist auch in der Zukunft, als Versprechen. Aber der – sagen wir – ,konkrete Gott‘ ist heute.
Daher hilft das Jammern nie, nie, um Gott zu finden. Die Klage darüber, wie barbarisch die Welt heute sei, will manchmal nur verstecken, dass man in der Kirche den Wunsch nach einer rein bewahrenden Ordnung, nach Verteidigung hat. Nein – Gott kommt im Heute entgegen.“ „Gott zeigt sich in einer geschichtsgebundenen Offenbarung, in der Zeit. Die Zeit eröffnet Prozesse, der Raum kristallisiert sie. Gott findet sich in der Zeit, in den laufenden Prozessen. Es ist nicht nötig, die zeitgebundenen Möglichkeiten, auch wenn sie auf lange Dauer bestehen, gegenüber den tatsächlichen Abläufen zu privilegieren. Wir müssen eher Prozesse in Gang bringen als Räume besetzen.
Gott offenbart sich in der Zeit und ist gegenwärtig in den Prozessen der Geschichte. Das ist der Grund dafür, Handlungen zu privilegieren, die neue Dynamiken hervorrufen. Es verlangt auch Geduld und Warten.“ „Die Begegnung mit Gott in allen Dingen ist kein empirisches ‚Heureka‘. Wenn wir Gott begegnen wollen, wollen wir ihn – im Grund – sofort mit empirischen Methoden feststellen. So begegnet man Gott nicht.
Man findet ihn eher in dem leichten Hauch des Elias. Die Sinne, die Gott wahrnehmen, sind diejenigen, die Ignatius ‚spirituelle Sinne‘ nennt. Ignatius verlangt, die geistliche Sensibilität zu öffnen, um Gott zu begegnen – jenseits einer rein empirischen Annäherung.
Nötig ist eine kontemplative Haltung: Es ist das Gefühl, dass man auf dem rechten Weg des Verstehens und des Liebens gegenüber Dingen und Situationen geht. Das Zeichen dafür, dass man auf dem rechten Weg ist, ist das Zeichen des tiefen Friedens, des geistlichen Trostes, der Liebe zu Gott und allen Dingen in Gott.“ …

(1. Interview mit Papst Franziskus, Santa Marta, Montag, 19. August 2013, 9.50 Uhr)