Date:29. Jan 2006

Schnee von gestern

Gebet

Restschnee auf einem Weg

 

Ich lief durch den schmelzenden Schnee.
Tagelang war alles um uns herum weiß verschneit.
Doch in unseren Breiten hält das nicht lange.
Reste des Schnees säumen nun die Straßen an jenen Stellen,
an denen kleine Schneeberge durch die Räumungsarbeiten entstanden waren.

“Schnee von gestern“ –
geht mir durch den Sinn.

Und damit ist nicht nur der kristallisierte Luftwasserdampft gemeint,
der sich in Schneeflocken verwandelt hatte
und nun dahinschmilzt.
Es sind die kleinen und großen Ereignisse
und die vielen wichtigen und unwichtig erscheinenden Begegnungen,
die sich zu meinem Leben kristallisiert haben.

“Wie gewonnen, so zerronnen“,
bedauert das Sprichwort
und spricht dabei im Bild des geschmolzenen Schnees
all das an, was an sichtbaren Gütern und Wohlstand mir zugewachsen ist.

“Wie gewonnen, so zerronnen“,
auch Beziehungen zu Menschen,
die mir etwas bedeutet haben.

“Wie gewonnen, so zerronnen“,
vielleicht auch das Wohlwollen von Menschen,
die über mich bestimmen können.

O Gott meines Lebens,
vieles scheint in meinem Leben wie „Schnee von gestern“ zerrinnen zu können,
wie Wasser, das mir zwischen den Fingern davonläuft.
Ich kann vieles nicht halten,
weil es unbeständig und brüchig und verwässert ist.

O Gott,
bei dir ist alles,
was gestern noch Schnee war,
heute nicht nichts.
O Gott,
bei dir sind alle Kristalle meines Lebens
für immer geborgen.

HB