Date:30. Jan 2019

Sarah Becker – Frankfurt

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Und täglich grüßt das Murmeltier … und lernt nichts dazu

30.01.2018

In Deutschland geht es schon wieder um das Tempolimit auf den Autobahnen. Und das ärgert mich. Nicht weil ich für oder gegen das Fahren mit 130 km/h wäre. Seit Jahren, vermutlich Jahrzehnten, diskutieren Politik, Wirtschaft und Wissenschaft darüber und noch immer sind wir keinen Schritt weiter. Das Thema ist für eine öffentliche Diskussion einfach zu attraktiv. Denn wirklich jeder hat eine Meinung dazu. 

Es gibt die Ich-lass-mir-doch-nichts-vorschreiben-Meckerer und die Ich-fahr-sowieso-nie-schneller-Trödler. Es gibt die Wozu-habe-ich-denn-sonst-ein-solches-Auto?-Proleten und die Langsam-fahren-verbraucht-weniger-Sprit-Sparfüchse. Und für eines der aktuell wichtigsten globalen Themen, den Klimawandel, ist die Tempolimit-Diskussion ja schließlich auch wie gemacht. Denn so beschäftigen wir uns wenigstens damit und jeder steht am Ende als Klimaschützer da. Der 120 km/h-Tempomatler argumentiert, dass der Spritverbrauch bei mehr als 130 km/h überproportional ansteigt – und somit auch die Treibhausgase. Und der 180 km/h-Bleifüßler bringt ins Feld, dass das Fliegen doch viel mehr Treibhausgase verursacht und dieses deshalb teurer sein sollte.

Es wurde auch schon versucht, dass ewige 130-Dilemma raus aus der Klimaschiene und hinein in die Verkehrssicherheits-Ecke zu schieben. Da heißt es zum Beispiel, dass die Autobahnen die sichersten Straßen in Deutschland seien – auf Landstraßen und im Stadtverkehr sterben deutlich mehr Menschen. Auch den Vergleich mit Autobahnen im Ausland (mit Tempolimit!) zieht man gerne heran. Auf der anderen Seite stehen Studien, die zum Beispiel anhand der Bundesländer Brandenburg und Nordrhein-Westfalen zeigen, dass das Einführen einer Geschwindigkeitsbegrenzung zu einer Halbierung der Unfallzahlen führte.

Über den Sinn und Unsinn eines Tempolimits soll es hier aber ja auch gar nicht gehen. Eher um den Sinn und Unsinn der immergleichen Diskussion. Eine Diskussion, die geführt wird, weil sie eben so schön polarisiert, weil jeder mitreden kann, weil sich jeder etwas darunter vorstellen kann. Und weil Politiker nicht fürchten müssen, bei der Frage der Umsetzung ins Straucheln zu geraten. Die Kosten von Geschwindigkeitsschildern halten sich durchaus in Grenzen. Das Thema 130 km/h geht in die gefühlt fünftausendste Runde, weil andere Wege, zum Beispiel dem Klimawandel entgegenzutreten, um einiges komplexer sind. Aber eben auch um einiges effektiver!

 

Sarah Becker, Fachjournalistin Frankfurt