Plaudern über den Tod

Kunst und Kultur

Buchcover

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Kann man sich über Tod und Sterben, über Jenseitsvorstellungen und das eigene Ende im Plauderton unterhalten? In dem Buch von Elftraud von Kalckreuth klappt das. Und zwar durch einen kleinen Trick: Die 12-jährige Reni plaudert nicht über, sondern mit dem Tod. Auf diese Weise verliert er seinen Schrecken, wird zu einem sympathischen Gesprächspartner, den man nicht fürchten muss.

Reni, die eigentlich Renate –  also „die Wiedergeborene“ –  heißt, erfährt viel Wissenswertes über den Tod, über den kulturellen Umgang mit ihm, über Riten und Traditionen und ihre Bedeutung.  Warum römische Soldatenfriedhöfe entlang der Heerstraßen angelegt wurden, die aus der Stadt heraus führten. Warum die Neandertaler ihre Toten auf einem Bett aus Blüten bestatteten oder was es mit Mumifizierung, Nekropolen und Megalithgräbern auf sich hat. Ob Thanatos, Freund Hein oder Gevatter Tod, Reni lernt den Tod in all seinen Rollen kennen. Und hört Geschichten über mexikanische Totenfeiern, über eine koreanische Prinzessin oder über den chinesischen Kaiser Quin und seine 6.000 Terrakotta-Krieger.

Eine bunte Mischung von Bildern und Symbolen, von Vorstellungen und Bräuchen rund um das Tabu-Thema Tod werden unterhaltsam erklärt. Die Unbefangenheit des Dialogs und die Einbettung der Todesgeschichten in die Problematik von Umzug und Abschied einer Familie machen das Buch zur angenehm leichten Lektüre, trotz des schwergewichtigen Themas.
Eine der schönsten Geschichtchen des Buches ist die Erklärung dafür, warum Rosa Luxemburg einst wünschte, dass auf ihrem Grabstein nur die lautmalerischen Silben „Zwi-Zwi“ zu lesen sein sollten. Einer Freundin erklärt sie ihren Wunsch: …dieser Laut der Kohlmeisen im Winter war für sie das Sinnbild der ersten Regungen des kommenden Frühlings trotz Schnee und Frost und Einsamkeit.“

Wo der Tod so offen und angstfrei über sich spricht wie in diesem Buch, da wird er wirklich zum „Bruder Tod“, dessen Nähe wir nicht fürchten müssen. Vielmehr ist es das Bewusstsein der Nähe zum Tod, die uns lehrt, wie wir zu leben haben: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“, wie es uns Psalm 90,12 aufträgt.

Anne-Madeleine Plum

 

Elftraud von Kalckreuth,
Reni und ihr seltsamer Freund,
Leinpfad-Verlag, ISBN 978-3-943391-37-8.