Date:14. Dez 2011

Neu- bzw. Erstentdeckung Marias

Zeichen der Zeit
Maria Gemälde

Gemälde und Foto: Waltraud Hemerich

Die Pastorin Dr. Petra Bahr, Kullturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland, schreibt in Christ und Welt. Beilage zu Die Zeit. September 2011:

“Die Marienverehrung findet in evangelischen Kreisen immer mehr Anhänger. Ist das mit den Lehren Martin Luthers vereinbar? Oder wird der Protestantismus damit nicht in seinem Selbstverständnis bedroht und aufgeweicht? ‘Let it be’ – ‘Lass es geschehen’. Das ist ein berühmter Beatlesong, der ein biblisches Vorbild hat: das Lied der Maria aus dem Lukasevangelium, das als “Magnificat” Musikgeschichte geschrieben hat. Hier besingt Maria, wie Gott sie in Beschlag genommen hat, unversehens und überwältigend, ohne religiöse Vorleistung ihrerseits. Maria setzt sich der Nähe Gottes aus. Sie gibt sich einer Erfahrung hin, mit der sie nicht gerechnet und die andere ihr nicht zugetraut hätten… Die Sprache, die sie für diese Erfahrung findet, ist poetisch und sehr sinnlich. Maria singt von der Hingabe und Empfänglichkeit … Wer an Maria denkt, kann den Glauben nicht vergeistigen, der Körper ist bei ihr immer im Spiel. Das ist für Protestanten vielleicht befremdlich. Doch Martin Luther liebte Maria und ihr Lied. Die Mutter Jesu verkörpert für Martin Luther die Grundhaltung des Glaubens wie keine andere. Deshalb verehrte er sie und widmete ihr einige seiner tiefsten theologischen Texte… Der Reformator sah in der Mutter Jesu das, was auch evangelische Christinnen und Christen heute wieder entdecken. Maria ist nämlich keine Macherin, sie folgte keinen Aktionsplänen, und seien sie noch so fromm. Sie ist eine, die ‘es sich geschehen lassen kann’, wie Luther so schlicht wie eindringlich formulierte. Sie öffnet sich einer religiösen Erfahrung und lässt sich ergreifen. Die, die heute Maria wiederentdecken, verraten die Grundgedanken der Reformation nicht, sie entdecken im Lobgesang der Maria einen echten Luthersong wieder: ‘Let it be’.”

 

gefunden von Herbert King

 

Siehe auch:
Herbert King: Maria neu entdecken, Vallendar-Schönstatt 2006, 41-48: Ökumenische Spiritualität.