Date:18. Jan 2012

Mit sehenden Augen

Kunst und Kultur

Mutter vom guten Rat

Foto: Gebetsbild

Ein besonderes Merkmal der “Goldenen Madonna” von Essen sind die weit geöffneten Augen der Mutter und des Kindes. Mit sehenden Augen gehen Jesus und Maria ihren Weg. Schon in der Stunde der Ankündigung, sie werde einen Sohn gebären, nickt sie nicht mit blindem Gehorsam, sondern fragt zurück: “Wie soll das geschehen?” Sehenden Auges geht sie den Lebensweg Ihres Sohn mit bis ans Ende.

Sehende Augen sind ein Wesenmerkmal all deren, die Gottes Spuren in ihrer eigenen Lebenswelt und in der größeren Welt der Gesellschaft und in der Kirche entdecken wollen.

Hubertus Brantzen

 

Text zur Erklärung und Gebet auf einem Essener Gebetsbild

Goldene Madonna

Der kostbare Kirchenschatz des Essener Doms erwuchs aus dem Leben der religiösen Frauengemeinschaft, die um 850 in Essen gegründet und erst mit der Säkularisation 1803 aufgelöst wurde.

Die Goldene Madonna ist das bedeutendste Kunstwerk des Ruhrgebiets. Um 980 für das Essener Frauenstift geschaffen, gehört sie zu den ältesten vollplastischen Bildwerken des Mittelalters.

Die Darstellung der Maria mit dem Jesuskind auf ihrem SchoB ist aus Pappelholz geschnitzt und mit Goldblech verkleidet.

Nach Einrichtung des Ruhrbistums 1958 ernannte Papst Johannes XXIII. “für alle Zeiten die selige Jungfrau Maria unter dem Titel ,Murter vom Guten Rat’, die im Volksmund ,Goldene Madonna’ genannt wird, zur ersten und besonderen Patronin des ganzen Bistums Essen”.

In den Jahren 2003 und 2004 wurde die Figur erstmals umfassend untersucht und konserviert. Ihre kostbare goldene Verkleidung wurde gereinigt und erstrahlt nun in neuem Glanz.

 

Gebet

Alles möcht’ ich dir erzählen,
alle Sorgen, die mich quälen-
alle Zweifel, alle Fragen
möcht’ ich, Mutter, zu dir tragen.

Wege, die ich selbst nicht kenne,
liebe Namen, die ich nenne,
Schuld, die ich mir aufgeladen,
andern zugefügten Schaden,

Ärgernis, so ich gegeben,
all mein Wollen, all mein Streben,
mein Beraten, mein Verwalten,
mein Vergessen, mein Behalten,

mein Begehren, mein Verzichten
und mein Schweigen und mein Richten,
alle kleinen Kleinigkeiten,
die so oft mir Müht bereiten,

jedes Lassen, jede Tat,
Mutter, dir, vom Guten Rat-
leg ich alles in die Hände –
du führst es zum rechten Ende.

 

Aus einem Gebetbuch von 1934