Michael Maas, Staufen

Gasflammen
Foto: Magnascan -_pixabay.com

Energie

Das Gas wird knapp. So kann man es derzeit lesen. Als Folge des Krieges in der Ukraine und den damit verbundenen Sanktionen gegen Russland liefert der russische Staat bereits jetzt 60% weniger Gas als üblich. Im Sommer ist das alles kein Problem. Aber vor dem anstehenden Winter wird deshalb so manchem angst und bange. Dabei könnte es gut sein, dass auch die restlichen 40%, die momentan noch geliefert werden, ausbleiben. Mit Hochdruck wird deshalb von den Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft derzeit daran gearbeitet, sich unabhängig von russischem Gas zu machen. Manches ist bereits umgesetzt worden. Bis zum Jahresende wird dieses Ziel allerdings längt nicht erreicht werden können. Das wäre unrealistisch.

Daher warnt Wirtschaftsminister Habeck vor dem Szenario, dass uns das Gas ausgehen könne. Viele Fragen sind damit verbunden: Wer würde dann mit dem noch vorhandenen Gas beliefert werden? Wer müsste seinen Verbrauch reduzieren? Was ist für wen zumutbar?

Wir können in meinen Augen noch gar nicht recht ermessen, wie drastisch die Situation werden könnte, sollte dies tatsächlich eintreten. Klar wird jedenfalls, dass wir in anderer Weise in den Krieg in der Ukraine verwickelt sind, als es etwa bei dem Krieg in Syrien der Fall war. Irgendwie sind wir doch schon Teil dieser Auseinandersetzung – selbst, wenn wir sie mental nur allzu oft beiseiteschieben wollen.
Auf der anderen Seite wird deutlich, von wie vielen Voraussetzung wir im Alltag leben. Dass Strom aus der Steckdose kommt und die Heizung wärmt, ist für uns ja selbstverständlich. Energie ist einfach da. Beinahe so, als bestehe ein Anrecht darauf.

Tatsächlich haben wir uns aktuell in mehrfacher Hinsicht zu fragen, woher unsere Energie kommt und wie wir sie nutzen wollen, wofür wir sie einsetzen. Die Abhängigkeit von russischem Gas ist da nur ein Aspekt.

Mich bringt das noch auf einen ganz anderen Gedanken. Wir brauchen nämlich auch für das tägliche Leben Energie. Um morgens mit Schwung aufzustehen und in den Tag zu kommen. Um Kraft zu haben für die Aufgaben, die bei uns anstehen.

Und da stellt sich gleichermaßen die Frage: Was bringt mir Energie und was darf mich das kosten?
Mir tut es gut, dass ich morgens eine halbe Stunde in der Stille bin. Dass ich bewusst den Tag auf diese Weise mit Gott beginne. Mit einem Gebet. Indem ich ihm mein Leben hinhalte. Im Betrachten eines Kreuzes oder eines Schrifttextes usw.

Wenn ich es damit schleifen lasse, fehlt mir wichtige Energie für mein Leben, beraube ich mich meiner Kraftquelle. Klar: Das kostet mich auch was, ich muss morgens früher aufstehen. Aber dieser Preis ist es mir wert. Ich brauche das, damit mir das Entscheidende meines Lebens nicht verloren geht.

Das (bald) fehlende russische Gas sagt mir deshalb: Achten wir auch persönlich auf unseren eigenen Energielevel. Die entscheidende Kraftquelle tragen wir in uns. Gott hat sie in uns hinein gelegt. In der Verbindung mit ihm können wir sie anzapfen. Jeden Tag.

Pfarrer Michael Maas, Stauffen

siehe Veröffentlichung: basis-online.net