Markus Hauck, Würzburg

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Ein Spiegel der Gesellschaft?

Die Festnahme eines Oberleutnants der Bundeswehr hat hohe Wellen geschlagen. Sein Doppelleben als Offizier einerseits und angeblich syrischer Asylbewerber andererseits diente nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft einem Ziel: Er plante Terrorakte, die dann den Asylbewerbern zur Last gelegt werden sollten.

Viel Kritik wurde seit dem Bekanntwerden laut. Die Bundeswehr habe ein Führungsproblem, so Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Die Bundesanwaltschaft kritisiert zudem die mehr als unzureichende Überprüfung der Angaben des vermeintlichen syrischen Flüchtlings über seine Herkunft und die Gründe seiner Flucht. In beiden Aussagen liegt viel Wahres.

Offensichtlich ist, dass im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geschlampt wurde. In jedem Fall scheinen eine grundsätzliche Neuordnung der Anhörung sowie ein Festschreiben von Qualitätsstandards und deren unabhängige Überprüfung im Asylverfahren erforderlich. Das gebietet der Respekt vor wirklich Leiden und Traumata der wirklich Verfolgten, die in Deutschland Zuflucht suchen.

Weitaus beängstigender ist das Versagen des Systems Bundeswehr. Wie kann es sein, dass der Soldat in den Jahren seiner Ausbildung und während des Studiums keinem der Vorgesetzten aufgrund seiner offensichtlich rechten Positionen auffiel? Wenn die Bundeswehr die Bundesrepublik und das Grundgesetz verteidigen soll, kann das nur geschehen, wenn insbesondere alle, die dort Leitungsfunktionen haben, auf der Basis des Grundgesetzes stehen.

Der „Corpsgeist“, den die Verteidigungsministerin als Ursache für das kollektive Versagen den Vorgesetzten anlastet, hat aber eine andere Ursache. Mit der Wehrpflicht, die 2011 ausgesetzt wurde, endete die Zeit, dass die Bundeswehr wirklich ein Spiegel der Gesellschaft war. Eine Berufsarmee zieht naturgemäß autoritätshörige wie militante Personen besonders stark an, ebenso wie Extremisten jeder Art. Zumal diese dort neben einer Ausbildung im Umgang mit Waffen und Sprengstoff auch einen leichten Zugang zu genau diesen bekommen.

Einen positive Begleiterscheinung hätte die Wiedereinführung der Wehrpflicht zudem für die Gesamtgesellschaft: Das grundgesetzlich verbriefte Recht für die Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen würde in einer Zahl von Zivildienstleistenden resultieren, die im sozialen Bereich einerseits neue Erfahrungen machen und andererseits hilfreiche Dienste leisten könnten. Mag eine Rückkehr zur Wehrpflicht unbequem sein: Wer Politik immer nur am Populären ausrichtet, spielt letztlich immer den Populisten in die Hände.

 

 

Markus Hauck
Leiter der Pressestelle des Bistums Würzburg

Kommentar aus: basis-online.net