Kreuzabnahme Rogier van der Weyden - Foto: wikimedia commons

Kreuzabnahme, Rogier van der Weyden, 1435-1440
Foto: wikimedia commons

„In dieser Woche rücken zwei Personen in unseren Fokus, die am Rand stehen und dennoch zentral sind: Joseph von Arimathäa und Nikodemus.” Zwei, die sowohl vor als auch nach der Kreuzigung zu Jesus standen, so lautet ein Impuls bei der Netzgemeinde „da_zwischen“. Dazu unter anderen die Frage, warum sie nach der Kreuzigung diese Gefahr eingehen, den Leichnam Jesu vom Kreuz zu nehmen, die Nägel zu lösen, den Leichnam einzubalsamieren. An diesen Fragen bleibe ich hängen … sie stimmen mich nachdenklich … ich nehme diesen Impuls mit hinein in meinen Tag … mit hinein in die Woche

Ich nehme meine Bibel in die Hand und lese bewusst die Stelle aus dem Johannesevangelium:

„Josef aus Arimathäa war ein Jünger Jesu, aber aus Furcht vor den Juden nur im Verborgenen. Er bat Pilatus, den Leichnam Jesu abnehmen zu dürfen, und Pilatus erlaubte es. Also kam er und nahm den Leichnam ab. Es kam auch Nikodemus, der früher einmal Jesus bei Nacht aufgesucht hatte. Er brachte eine Mischung aus Myrrhe und Aloe, etwa hundert Pfund. Sie nahmen den Leichnam Jesu und umwickelten ihn mit Leinenbinden, zusammen mit den wohlriechenden Salben, wie es beim jüdischen Begräbnis Sitte ist. An dem Ort, wo man ihn gekreuzigt hatte, war ein Garten und in dem Garten war ein neues Grab, in dem noch niemand bestattet worden war. Wegen des Rüsttages der Juden und weil das Grab in der Nähe lag, setzten sie Jesus dort bei.“ (Johannes 19,38-42)

Ich versuche mich in die beiden Männer hinein zu versetzen, mir vorzustellen, was in ihnen vorgeht … versuche diese Gedanken ins Wort zu bringen

„Ist es nicht verrückt, dass wir uns durch unser Handeln so in Gefahr bringen?
Vielleicht schon … doch wir beide spüren es jetzt ganz deutlich … wir können nicht anders, wir müssen das jetzt tun … ja, nicht nur für Jesus … auch für uns selbst …

Jetzt bleiben wir da … jetzt gibt es kein Ausweichen mehr …jetzt ist es vorbei mit ‚dem Glauben an IHN im Verborgenen‘ … so wie damals, als ich, Nikodemus, mich nachts mit Jesus getroffen habe … so, dass mich keiner sieht … so, dass es keiner merkt

Ja, wir staunen gerade selbst über uns und unseren Mut … was uns vorher nicht möglich gewesen ist, jetzt ist es möglich
Wir bekennen uns öffentlich zu dem was wir erkannt haben:
JESUS IST DER SOHN GOTTES … der MESSIAS
Jesus, der Sohn Gottes, am Kreuz gestorben, wie ein Verbrecher … das ist unglaublich … unfassbar … wir konnten es nicht verhindern

Es ist ja nur ein kleines Zeichen … das Einzige, das jetzt noch möglich ist
IHM die Nägel zu lösen
IHN behutsam vom Kreuz zu nehmen
IHN zu berühren, IHN einzubalsamieren
IHN mit Leinenbinden zu umwickeln
IHM so ein letzte Mal nahe zu sein
IHM so unsere Liebe, unsere Verehrung, ja, unseren Glauben zu zeigen
es ist, als gäben wir IHM so, die genommene Würde zurück

Wenn wir das alles jetzt nicht tun würden, wir würden IHN und uns verraten
wir würden IHN und uns selbst verlieren

Unser Glaube an IHN kommt jetzt zum Tragen
ER ist es, der uns trägt und hält
Ja, ER ist es, der uns zu diesem Handeln fähig macht

Vielleicht ist es ja wirklich verrückt, was wir hier gerade tun?
Doch nicht aus uns selbst, sondern durch IHN ist und das möglich!

SEINE Kraft in uns ist stärker als unsere Angst!“

Was für eine Erfahrung!

Ist das unsere AUFERSTEHUNG?
schon heute?

Ulrike Groß, April 2020