Chartreuse de la Verne – Gräber ohne Namen
Bild: Anne-Madeleine Plum
Eine Fußball-Europameisterschaft und Olympische Spiele zeigen, wie gern Menschen für ihr eigenes Land Daumen drücken, mitfiebern, jubeln und im Fall einer Niederlage Tränen vergießen. Was macht diese nationale Identität aus und warum wird sie in einer globalisierten Welt wichtiger als mancher je dachte?
Identität sei eine Variable und keine Konstante, belehrt man die Menschen von philosophisch-theologischer Seite. Kritische Stimmen beklagen, dass auch eine christliche Identität sich verflüssigt. Ihnen hält man entgegen, dass inklusives Denken, ein Sowohl-als-auch, nicht aber die Abgrenzung, den Begriff der Identität zukunftsfähig mache. So bleibe auch eine christliche Identität nur eine Zielangabe, aber nie ein bleibend gültiger Wertekanon. Mit anderen Worten, die zurecht kritisierte Einengung von Identität im Hinblick auf ethnische Zugehörigkeit oder bestimmte politische Positionen wird übertragen auf religiöse Identität.
Dabei erfordert Identität immer ein Wissen um eigene Wurzeln. Um auf eine Demokratie stolz zu sein, muss man wissen, wie und wofür sie errungen wurde. Um sich einem Land zugehörig zu fühlen, muss man seine Sprache und Kultur kennen. Um den christlichen Glauben zu bekennen, muss man wissen und verstehen, wer Jesus Christus ist. Um sich der katholischen Kirche verbunden zu fühlen, muss man wissen, welche großartigen und beeindruckenden Menschen diese Kirche über Jahrhunderte geprägt haben. Was eine hochadelige Frau wie die Landesfürstin Hedwig für Schlesien und Polen geleistet hat. Was eine Mary Ward für die Bildung von Mädchen bewirkte. Was ein Vinzenz von Paul oder eine Louise Marillac für ausgesetzte Kinder und mittellose Kranke taten. Das alles ist in tausend und einer Gestalt Katholische Kirche. Darüber zu sprechen, statt nur über den Niedergang dieser Kirche zu jammern, ist unsere Aufgabe.
Zur Identität des Katholischseins gehört, was wir zu Beginn jeder Eucharistiefeier bekennen: Wir machen handfeste Fehler und sind höchst unvollkommen. Aber auch dieses Bewusstsein stiftet Identität. Nicht „Catholics first“ muss es heißen. Sondern es gilt: Wer bei euch der Erste sein will, soll der Diener aller sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen. An diesem Kriterium von Identität ist nichts überheblich. Aber auch nichts überholt.
Die Kartäusermönche verzichten bei ihren Gräbern auf individuelle Namen und Daten. Und pflegten doch ihre Identität über Jahrhunderte, unverwechselbar.
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