Date:12. Aug 2009

Hugo von Hofmannsthal: Jedermann

Kunst · Theater · Literatur

Jedermann

Bild: Website

Salzburger Festspiele
25. Juli bis 30. August 2009
 

Bekehrung ereignet sich nicht im Herunterbeten frommer Formeln. Diese Botschaft arbeitet Christian Stückl in seiner revidierten Wiederaufnahme des Jedermann dramaturgisch ganz neu heraus. Die späte Einsicht des Jedermann, am eigenen Leben vorbeigegangen zu sein, wird zum Dreh- und Angelpunkt von Bekehrung – ermöglicht und ausgelöst durch den vertrauensvollen Blick der Frau. In diesem Blick sieht er, dass der Stab nicht über sein Leben gebrochen wurde. Das ist am Ende der Glaube, der Jedermann abverlangt wird: Dass Gott es gut mit ihm und seinem Leben gemeint hat und bis zuletzt meint. Dass der Schöpfer sein Geschöpf auf eine Spur gesetzt hat und den Menschen jenseits aller Abweichungen und Fehltritte dorthin zurückführt. Bekehrung ist mehr als Umkehr, es ist Heimkehr: Das Ankommen bei sich selbst, bei jenem humanen Wesenskern, der von Anfang an in jedem Menschen angelegt ist.

Josef Bruckmoser

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Inhaltsangabe:

Als Gott sieht, dass man ihn auf der Erde nicht mehr schätzt, beschließt er, die Menschen durch den Tod wieder an seine Macht zu erinnern. Er trägt dem Tod auf, zu Jedermanns Haus zu gehen und ihn vor das göttliche Gericht zu rufen.
Eines Tages befiehlt Jedermann nun dem Hausvogt, dass er ihm einen Geldsack bringe, damit er das Grundstück, das er kaufen will, bezahlen kann. Er will dort einen Lustgarten anlegen, den er seiner Buhlschaft schenken will. Auf dem Weg dorthin begegnet Jedermann einem armen Nachbarn, der ihn um Geld bittet. Doch Jedermann gibt ihm nur einen Schilling. Als der Nachbar an seinen christlichen Glauben appelliert und mehr Geld will, weil er selbst einmal reich war, schickt Jedermann ihn fort.

Kurz darauf trifft er auf einen Schuldner von ihm, der ihn bittet, seinen Schuldbrief zu zerreißen. Doch Jedermann verweigert dies und lässt ihn einsperren. Jedermann kennt kein Erbarmen, doch weil die Frau des Schuldners so sehr weint, erklärt er sich bereit, ihr und ihren Kindern Unterhalt und Verköstigung zu zahlen.
Nach der Begegnung vergeht Jedermann die Lust, das Grundstück für den Lustgarten zu besichtigen, und er beschließt, zu seiner Buhlschaft zu gehen. Doch kaum verlässt Jedermann das Haus, trifft er seine Mutter. Seine Mutter hält ihm, wie schon oft, sein Verhalten zu Gott vor.

Kaum hat ihn seine Mutter verlassen, kommt ihm seine Buhlschaft entgegen, um ihn zu dem für ihn vorbereiteten Fest abzuholen. Auf dem Feste jedoch fühlt sich Jedermann schwach und krank und hat seltsame Erscheinungen. Keiner kann das Glockenläuten hören, das Jedermann hört. Als er plötzlich sagt, er höre jemanden seinen Namen rufen, denken sie, dass er Fieber habe. Doch Jedermann hat es mit der grausamen Wirklichkeit zu tun. Als er sich umblickt, steht ein ihm unbekannter Mann hinter ihm, der sich als Tod zu erkennen gibt und ihn auffordert, sich für den letzten Weg bereit zu machen. Erst jetzt wird Jedermann sein schlechter Charakter bewusst, und er fleht den Tod an, ihm nur eine kurze Frist zu gewähren, damit er sich einen Freund suchen kann, der mit ihm vor das Gericht Gottes tritt. Nach langem Bitten gewährt der Tod ihm eine Frist von einer Stunde.

Zuerst fragt er seinen guten Freund, den Gesellen, ob er ihm nicht einen Gefallen tun will, denn er muss eine weite Reise antreten. Der Gesell ist bereit, ihm jeden Gefallen zu tun, doch als er hört, dass er ihn vor das göttliche Gericht begleiten soll, weigert er sich. Kaum anders handeln die beiden Vettern Jedermanns, und auch seine Buhlschaft. Da er sich nun von allen verlassen fühlt, will er wenigstens sein Geld in die Ewigkeit mitnehmen. Aber aus seiner Geldtruhe kommt Mammon und erklärt sich nicht bereit, mit ihm zu gehen.

Nun ist Jedermann völlig einsam und der Verzweiflung nahe. Da hört er aus dem Hintergrund eine leise Stimme, die seinen Namen ruft. Als er sich umdreht, sieht er eine gebrechliche Frau, die ihm sagt, dass sie seine „guten Taten“ sei und ihn gern ins Jenseits begleiten will. Sie ist aber zu schwach, da er sie immer so vernachlässigt hat. Sie ist aber bereit, ihre Schwester, den Glauben, darum zu bitten.
Der Glaube weist Jedermann nun auf die unendliche Liebe Gottes hin und rät ihm, den Herrn um Gnade zu bitten. Jedermann ergreift die letzte Hoffnung auf Rettung und versucht nach Jahren der Ungläubigkeit, wieder zu Gott zu finden, wobei ihm ein Mönch hilft.

Inzwischen kommt der Teufel, um die schuldbeladene Seele Jedermanns, deren er sich ganz sicher ist, zu holen und mit ihr zur Hölle zu fahren, doch er muss zu seinem Verdruss sehen, dass sie ihm durch die Gnade Gottes entrissen wurde. Wenig später kommt Jedermann völlig gereinigt zurück, und nun kann er mit ruhigem Gewissen in Begleitung des Glaubens und der guten Werke vor Gottes Richterstuhl treten.

Interpretation

Im ersten Auftritt Jedermanns wird deutlich gemacht, woran das Herz des reichen Mannes in besonderer Weise hängt: an seinem Schatz, dem Geld. Trotz seiner Liebe zu Besitz und Geld ist Jedermann aber kein Geizhals, kein primitiver oder habgieriger Mensch, sondern ein energischer, kluger Mann auf der Höhe des Lebens. Geschickt und überlegt geht er mit seinem Reichtum um, sein Wort hat Gewicht, er versteht seine Knechte sicher und selbstbewusst anzuleiten. Sein Lebensstil entspricht seiner sozialen Stellung. Jedoch die scharfen herrischen Befehle an seine Dienerschaft zeigen neben dem großzügigen und geschickten Geschäftsmann immer deutlicher den hochfahrenden, überheblichen Reichen.

Geld ist für Jedermann etwas ganz Besonderes, etwas Pseudo-Göttliches. In der Schuldknechtszene versäumt er es, Gnade vor Recht ergehen zu lassen, denn er erfüllt die Bitte der Frau des Schuldknechts nicht. Trotzdem ist er aber auch hier nicht vollkommen hartherzig oder ganz und gar unbarmherzig. Seinem Durchschnittscharakter entsprechend entschließt er sich dann doch dazu, die Not der Familie zu lindern. Wenn diese Hilfe auch nicht aus spontanem Mitgefühl entspringt, wenn für diese bescheidene Tat auch weniger sein gutes Herz verantwortlich ist, so verrät sie doch eine gewisse Menschlichkeit.

In der Begegnung mit der Mutter zeigt sich der Charakter Jedermanns unreif und oberflächlich. Doch am Ende, als ihm der Tod naht, beginnt eine Verwandlung mit Jedermann. Er sieht seine Fehler ein und wird so von Gott begnadigt.

Quelle für die Inhaltsangabe und Interpretation:

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P. Thomas Jochheim