Date:18. Mai 2017

Prof. Dr. Hubertus Brantzen

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Sehnsucht nach Demokratie?

18.05.2017

Das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken hat ein Projekt „Demokratie stimmt“ angestoßen. Der langjährige Abgeordnete und Vorsitzende des Sozialausschusses im Bayerischen Landtag, Joachim Unterländer, beschreibt in diesem Zusammenhang die Qualifikation, die Politiker mitbringen müssten: „… seiner Überzeugung treu bleiben und offen sowie neugierig sein, was aktuelle und wichtige gesellschaftliche Entwicklungen anbelangt.“ Weiter: „… mitmachen, zuhören, für die Belange und persönlichen Anliegen der Menschen offen sein und die Erfahrungen in den politischen Meinungsbildungsprozess einbringen.“

Wenn Politikerinnen und Politiker solche Vorstellungen für ihren Dienst an der Gesellschaft mitbringen, kann man nur gratulieren. Es sind die Eigenschaften derer, die die Rede von der unantastbaren Würde jedes Menschen nicht nur im Munde führen, sondern ernst nehmen und dabei keine Ausnahmen machen und zulassen. Es sind zugleich die Vorstellungen auch derer, die aus christlicher Sicht die „Zeichen der Zeit“ beobachten, erwägen und deuten möchten.

Als Christen sind wir überzeugt, dass ein entsprechender Umgang mit den Menschen in der Würde gründet, die der Schöpfer unterschiedslos jedem Menschen bleibend verliehen hat. Weder Hautfarbe, Herkunft, Überzeugungen oder Religion, nicht einmal begangene Verbrechen dürfen diese Würde relativieren oder untergraben.

Das hat praktische Konsequenzen: Rechte oder linke politische und gesellschaftliche Extrempositionen, Verunglimpfung von Andersdenkenden, Missbrauch der sozialen Netzwerke oder Fremdenfeindlichkeit missachten diese Würde. Ehrfurcht vor dem Leben der anderen ist ein absolut geltender Imperativ. Darum ist auch die Todesstrafe für noch so grausame Verbrechen keine Option, weil die Tat nicht mit dem Täter identisch ist.

Jeder noch so kleine Schritt der Würdigung des Menschen ist ein Beitrag in diesem positiven Ordnungsgefüge. Wenn Christen formulieren „Demokratie stimmt“, meinen sie damit, dass Demokratie die freiheitliche Form des Zusammenlebens ist, die der unantastbaren Würde aller Menschen am ehesten entspricht. Um diese Form des Zusammenlebens muss aber gerungen werden, da es leider auch die gibt, die die Freiheit missbrauchen und den Sinn der Demokratie in ihr Gegenteil verkehren.

Hubertus Brantzen