Date:11. Aug 2010
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Hohe Frau

Kunst · Theater · Literatur

Marienstatue

Madonna mit Kind von J.W. Fehrle (1884-1974)
– Kloster der Franziskanerinnen der ewigen Anbetung Schwäbisch Gmünd
Foto: Christa Müller-Hoberg

Von Museen und Kirchen abgelehnt
warst du auf Herbergssuche.
Wer wollte schon solch eine Frau?
Da haben 50 Beterinnen
zu dir Ja gesagt
und dir Raum gegeben
in ihrem Haus
und in ihren Herzen.
Seitdem durchmisst dein Schritt kraftvoll
die Geschicke des Klosters am Rande der Stadt.
Heimische Künstlerhände holten deine Gestalt
aus altem Eichenbalken.
Keine Lieblichkeit mit wehendem Haar,
keine demütige Magd mit niedergeschlagenem Blick,
kein entrücktes Himmelwärts –
sondern geheimnisvolles Wissen,
selbstbewusstes Erwähltsein,
strenge Schönheit.
Dein Kind hältst du so vor deinen Leib
als ob es deines und doch nicht deines ist.
Du hast Schwierigkeiten mit ihm.
Weil es so anders ist.
Doch deine ganze Gestalt,
hohe Frau,
spricht mir von deiner Entschiedenheit für Gott,
der von ihm immer neu angefragten Entschiedenheit.
In diesen Wage-Mut nimm mich mit,
MARIA.

 

Christa Müller-Hoberg