Date:06. Jul 2016

Gottes heiliger Name

Die enge Verbindung von Name und Person kennen wir in unterschiedlichsten Lebensbereichen. Erst wenn jemanden uns beim Namen nennt, fühlen wir uns wirklich angesprochen. Wer mit seinem Namen hadert, wünscht sich eine andere Form der Anrede, wer seinen Namen mag, identifiziert sich mit ihm. Namensgebung ist mehr als nur Benennung nach einem Zufallsprinzip. Auch nach biblischer Praxis ist der Name nicht so sehr äußeres Erkennungszeichen, sondern eine Wesensbezeichnung. In besonderer Weise gilt dies für den Namen Gottes, der im Mittelpunkt dieses liturgischen Vorschlags steht. Ausgehend von der Offenbarung des Gottesnamens am Dornbusch, die von Israel als besondere Auszeichnung verstanden wird, wird die Brücke geschlagen zur Namensgebung Jesu und der einzigartigen Bedeutung dieses Namens für uns, die Petrus bekennt.


 Ich bin der ‚Ich-bin-da‘. Das ist mein Name für immer. (Exodus 3,14.15)

Bild:Marc Chagall: Mose vor dem brennenden Dornbusch
Message Biblique Marc Chagall 1960 – 1966,  Öl auf Leinwand, H. 195 cm; L 312 cm.

> Zum Bild:       Chagall – Mose und Dornbusch


Alttestamentliche Lesung:*

Exodus 3,1-15

Mose weidete die Schafe und Ziegen seines Schwiegervaters Jitro, des Priesters von Midian. Eines Tages trieb er das Vieh über die Steppe hinaus und kam zum Gottesberg Horeb. Dort erschien ihm der Engel des Herrn in einer Flamme, die aus einem Dornbusch emporschlug. Er schaute hin: Da brannte der Dornbusch und verbrannte doch nicht. Mose sagte: Ich will dorthin gehen und mir die außergewöhnliche Erscheinung ansehen. Warum verbrennt denn der Dornbusch nicht? Als der Herr sah, dass Mose näher kam, um sich das anzusehen, rief Gott ihm aus dem Dornbusch zu: Mose, Mose! Er antwortete: Hier bin ich. Der Herr sagte: Komm nicht näher heran! Leg deine Schuhe ab; denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden. Dann fuhr er fort: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Da verhüllte Mose sein Gesicht; denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen.
Der Herr sprach: Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen und ihre laute Klage über ihre Antreiber habe ich gehört. Ich kenne ihr Leid.
Ich bin herabgestiegen, um sie der Hand der Ägypter zu entreißen und aus jenem Land hinaufzuführen in ein schönes, weites Land, in ein Land, in dem Milch und Honig fließen, in das Gebiet der Kanaaniter, Hetiter, Amoriter, Perisiter, Hiwiter und Jebusiter. Jetzt ist die laute Klage der Israeliten zu mir gedrungen und ich habe auch gesehen, wie die Ägypter sie unterdrücken.
Und jetzt geh! Ich sende dich zum Pharao. Führe mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten heraus! Mose antwortete Gott: Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehen und die Israeliten aus Ägypten herausführen könnte? Gott aber sagte: Ich bin mit dir; ich habe dich gesandt und als Zeichen dafür soll dir dienen: Wenn du das Volk aus Ägypten herausgeführt hast, werdet ihr Gott an diesem Berg verehren. Da sagte Mose zu Gott: Gut, ich werde also zu den Israeliten kommen und ihnen sagen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt. Da werden sie mich fragen: Wie heißt er? Was soll ich ihnen darauf sagen?
Da antwortete Gott dem Mose: Ich bin der «Ich-bin-da». Und er fuhr fort: So sollst du zu den Israeliten sagen: Der «Ich-bin-da» hat mich zu euch gesandt.
Weiter sprach Gott zu Mose: So sag zu den Israeliten: Jahwe, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name für immer und so wird man mich nennen in allen Generationen.

Kehrvers:

Erlöser ist sein Name, erschreckend – heilig. (Psalm 111,9)

Psalm 111, 1-3.9-10

Halleluja!
Den Herrn will ich preisen von ganzem Herzen
im Kreis der Frommen, inmitten der Gemeinde.
Groß sind die Werke des Herrn,
kostbar allen, die sich an ihnen freuen.
Er waltet in Hoheit und Pracht,
seine Gerechtigkeit hat Bestand für immer.
Er gewährte seinem Volk Erlösung
und bestimmte seinen Bund für ewige Zeiten.
Furcht gebietend ist sein Name und heilig.
Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Weisheit;
alle, die danach leben, sind klug.
Sein Ruhm hat Bestand für immer.
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Neutestamentliche Lesung:

Apostelgeschichte 4,8-12

Da sagte Petrus zu ihnen, erfüllt vom Heiligen Geist: Ihr Führer des Volkes und ihr Ältesten! Wenn wir heute wegen einer guten Tat an einem kranken Menschen darüber vernommen werden, durch wen er geheilt worden ist, so sollt ihr alle und das ganze Volk Israel wissen: im Namen Jesu Christi, des Nazoräers, den ihr gekreuzigt habt und den Gott von den Toten auferweckt hat. Durch ihn steht dieser Mann gesund vor euch. Er (Jesus) ist der Stein, der von euch Bauleuten verworfen wurde, der aber zum Eckstein geworden ist. Und in keinem anderen ist das Heil zu finden. Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen.

Ruf vor dem Evangelium

(Matthäus 1,23.25)

Jesus ist sein Name: Gott ist mit uns – Immanuel.

Evangelium: Lukas 2,21

Als acht Tage vorüber waren und das Kind beschnitten werden sollte, gab man ihm den Namen Jesus, den der Engel genannt hatte, noch ehe das Kind im Schoß seiner Mutter empfangen wurde.


Lied: Was leichthin über dich geschrieben steht – Huub Oosterhuis

1. Was leichthin über dich geschrieben steht:
Dass du bist die Glut von dem, was lebt,
der Seelenfunken, der den Brand entfacht,
der Atemquell, der uns zu trinken gibt –

2. was feurig steht geschrieben, dass du kommst,
rettest, was verloren ist, dies Wort,
dass du ein Herz hast, Augen, dass du hörst,
>Ich werde da sein<, Lichtblick, neuer Bund –

3. dies große Wort, geschrieben weiß auf schwarz,
treu bei uns, wie hat es uns befreit,
beschämt, berauscht, getröstet und gereizt.
Wie brennen wir zu wissen, wer du bist.

Text und Melodie in: Du Atem meiner Lieder. 100 Lieder und Gesänge, hg. von Cornelis Kok, Freiburg i.Br. u.a. 2009, Nr. 35, S. 80. Niederländische Fassung in Huub Oosterhuis, Andachtig liedboek, 143 teksten om te zingen en ter overweging, Baarn 1983, Nr. 133, S. 190.
Melodie von Antoine Oomen, 1984 und eine weitere von Tom Löwenthal, 1981.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Literaturhinweis: Christoph Dohmen, Mose. Der Mann, der zum Buch wurde, (Biblische Gestalten Band 24), Leipzig 2013.

 

 

Geistlicher Text: Martin Buber

In seinem Buch „Ich und Du“ spricht der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber (1878-1965) über die menschlichen Grundworte schlechthin, die Wortpaare Ich-Du im Unterschied zu Ich-Es. Das erste Wortpaar könne der Mensch nur mit ganzem Wesen sprechen, das zweite nie mit ganzem Wesen. Wer Du spricht, so Buber, steht in der Beziehung zu diesem Du – das gilt für den Menschen und sein menschliches Gegenüber.
Aber es gilt ebenso für seine Beziehung zu Gott. Der Name, den Gott Mose am brennenden Dornbusch offenbart, war nach Martin Buber in seiner ursprünglichen Form ein reiner Ausruf. Der Urlaut „Jah“, später erweitert zu „Jahu“, aus einem Pronomen und einer Interjektion zusammengesetzt.
„Ihr ewiges Du haben die Menschen mit vielen Namen angesprochen. Als sie von dem so Benannten sangen, meinten sie immer noch Du: die ersten Mythen waren Lobgesänge. Dann kehrten die Namen in die Essprache ein; immer stärker trieb es die Menschen, ihr ewiges Du als ein Es zu bedenken und zu bereden. Aber alle Gottesnamen bleiben geheiligt: weil in ihnen nicht bloß von Gott, sondern auch zu ihm geredet worden ist.“
Dem Einwand, dass man von Gott eigentlich nicht mehr sprechen dürfe, weil sein Name allzu oft missbraucht worden sei, begegnet Martin Buber mit seiner berühmten Formulierung: „…gewiß ist es das beladenste aller Menschenworte. Eben darum ist es das unvergänglichste und unumgänglichste. Und was wiegt alle Irr-Rede über Gottes Wesen und Werke (wiewohl es keine andere gegeben hat und geben kann) gegen die Eine Wahrheit, daß alle Menschen, die Gott angesprochen haben, ihn selbst meinten? Denn wer das Wort Gott spricht und wirklich Du im Sinn hat, spricht, in welchem Wahn immer er befangen sei, das wahre Du seines Lebens an, das von keinem andern eingeschränkt zu werden vermag und zu dem er in einer Beziehung steht, die alle anderen einschließt.“
Dies gilt, so die kühne These, selbst für den, der Gottes Namen verabscheut, der sich selbst für gottlos hält, wenn er nur „mit seinem ganzen hingegebnen Wesen das Du seines Lebens anspricht“.
In Bubers „Erzählungen der Chassidim“ besingt das Lied des Berditschwer Rabbis dieses göttliche Du nach Art einer Mantra-Rezitation:
„Wo ich gehe – du!
Wo ist stehe – du!
Nur du, wieder du, immer du!
Du, du, du! …“.

 

 

Zitate aus: Martin Buber, Ich und Du, Heidelberg, 1979, S. 91f und
Martin Buber, Erzählungen der Chassidim, Zürich 1949, S. 342.

 

Zusammenstellung: Hans-Jakob Becker / Anne-Madeleine Plum Dieser Gottesdienst:  9 Pen C in Patmos Vgl. dazu ausführlich: Hansjakob Becker, „Dies große Wort, geschrieben weiß auf schwarz“. Patmos: Begegnungen mit der Bibel im Kontext von Kultur- , in: Pietas Liturgica 16, Tübingen 2015.

* Texte aus der Heiligen Schrift sind entnommen aus der Einheitsübersetzung © 1980, Katholische Bibelanstalt GmbH.

Liste der Wort-Gottes-Feiern “Patmos”

Informationen zur Gottesdienst-Reihe “Patmos”